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Fischerei

Die niedersächsische Küstenfischerei ist zum überwiegenden Teil eine handwerkliche Fischerei und wird von Familienbetrieben ausgeübt. Die Betriebe haben in der Regel ein Fischereifahrzeug, den so genannten Kutter. In den Häfen der niedersächsischen Küste sind rund 150 Fischereifahrzeuge registriert. Mit gut 400 Beschäftigten in knapp 135 Betrieben im Haupt- und Nebenerwerb ist die Küstenfischerei ein kleiner Wirtschaftszweig, in der strukturschwachen Region jedoch mit einer starken Ausstrahlung. Diese spiegelt sich insbesondere im Tourismus wider und die Fischerei ist für die Besucher ein integraler Bestandteil der Küstenregion (Kapitel 6.2.3).

Die größten Mengen der Anlandungen in der Küstenfischerei werden nicht von den eigentlichen Fischen gestellt. Vielmehr zählen die zum Makrozoobenthos gehörenden Krabben und Miesmuscheln zu den Zielarten. Für die Küstenregion ist der Fang von Plattfischen, in erster Linie Schollen und Seezungen, sehr wichtig. Die genannten Produkte finden ihren Absatz auch in der heimischen Gastronomie und stehen für Frische und Qualität.

In der Fangsaison von März bis Dezember gehen knapp 115 Kutter auf Speisekrabbenfang, (Abb. 3) fast ausschließlich in den hiesigen Küstengewässern, aber auch vor der schleswig-holsteinischen Küste.

Abb.3 Garnelenfänge (Anlandung in t)  

Wenn der Fang an Deck geholt wird, kommt er in den so genannten Trichter und wird anschließend direkt an Bord sortiert, wobei der nicht erwünschte Beifang, kleine Fische, Schwimmkrebse und andere zu einem Großteil überlebensfähig wieder über Bord gelangen kann. Durch den Einsatz eines Sortiergitters findet eine Sortierung bereits unter der Wasseroberfläche statt, so dass viele Tiere gar nicht erst ihrem Element entnommen werden. Diese Maßnahmen tragen dazu bei, dass die Krabbenfischerei einen geringen Einfluss auf das Ökosystem Wattenmeer hat (siehe auch Berghahn & Vorberg, 1997).

Einige der Kutter werden während der Plattfischsaison, etwa April bis September/ Oktober, ausschließlich auf See zum Fang von Seezungen und Schollen eingesetzt. Der Plattfischfang hat in den letzten Jahren stark nachgelassen, da die Bestandssituation dieser Fische in der inneren Deutschen Bucht unbefriedigend geworden ist (Abb. 4). Die Schiffe fischen mit Grundschleppnetzen (so genannten Baumkurren), wobei nur leichte Scheuchketten eingesetzt werden. Diese beeinflussen den Meeresboden lediglich gering.

Abb.4 Plattfischfänge (Anlandung in t)  

Bis in die 90er Jahre war vor der niedersächsischen Küste während der Wintermonate eine erfolgreiche Kabeljaubefischung mit Grundschleppnetzen möglich. Durch den starken Rückgang dieser Bestände seit dieser Zeit, der sehr wahrscheinlich klimatisch bedingt ist, ist diese Fischerei völlig zum Erliegen gekommen (Abb. 5).

Abb.5 Rundfischanlandungen (in t)  

Da sich die wirtschaftliche Lage der traditionellen Küstenfischerei mit Baumkurren in den letzten Jahren deutlich verschlechtert hat, ist auch hier mit einem weiteren leichten Rückgang der Anzahl dieser Betriebe zu rechnen.

Vier Fischereibetriebe mit zusammen fünf Kuttern sind spezialisiert auf die Miesmuschelfischerei (Abb. 6), die ausschließlich im Wattengebiet durchgeführt wird. Um erhebliche Eingriffe in das Ökosystem Wattenmeer auszuschließen, erfolgt die Miesmuschelfischerei seit 1999 auf der Grundlage eines Bewirtschaftungsplans, der einvernehmlich vom Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung und vom Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz für jeweils fünf Jahre aufgestellt wird. Die Auswirkungen der Besatzmuschelfischerei auf die Stabilität der Muschelbänke werden seit dem Jahr 2000 von der Nationalparkverwaltung wissenschaftlich untersucht.

Abb.6 Miesmuschelanlandungen (in t)  
Abb.6 Miesmuschelanlandungen

Die Betriebe bewirtschaften insgesamt 1.300 Hektar Kulturflächen im Wattengebiet. Konsummiesmuschelfischerei auf Wildbestände gab es zuletzt 1998, 1999 und in ganz geringem Maße 2005. Die jährlichen Konsummuschelanlandungen schwanken stark, abhängig von den jeweiligen Brutfällen in den Vorjahren. Kalte Winter sorgen für eine gute Bestandssituation, nach milden Wintern fällt kaum Brut.

Die Flussfischerei, die von immer weniger Betrieben durchgeführt wird, ist auch eine saisonbedingte Fischerei, bei der überwiegend Aale und Stinte (Abb. 7) gefangen werden. Auf der Ems werden traditionell Pfahlhamen eingesetzt. Dabei handelt es sich um Netze, die zwischen Pfählen aufgehängt sind und den Tidestrom nutzen. Auf Weser und Elbe werden dafür Kutter eingesetzt, die außerhalb des Fahrwassers vor Anker liegend mit Hamennetzen fischen, die durch eine Rahmenkonstruktion offen gehalten werden.

Insgesamt ist die Fischerei auf den Flüssen Ems, Weser und Elbe stark zurückgegangen, so dass nur noch wenige Betriebe hier wirtschaften.

Abb.7 Aal- und Stintanlandungen  
Abb.7 Aal- und Stintanlandungen

Der verantwortungsvolle Umgang mit den Fischressourcen des Meeres ist sowohl zum Schutz der Arten und des marinen Ökosystems als auch zur Stabilisierung der Fischwirtschaft und zur nachhaltigen Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit einem hochwertigen Nahrungsmittel geboten.

Tatsächlich aber zeigten sich im Management der Fischressourcen in der Nordsee – wie auch in vielen anderen Meeresgebieten – in der Vergangenheit erhebliche Defizite. Die Bestände der wichtigsten Speisefischarten lagen zum Teil deutlich außerhalb sicherer biologischer Grenzen. Fischerei und fischverarbeitende Industrie hatten u.a. infolge der wiederholten starken Einbrüche der Fischbestände schwere Umbrüche zu verkraften, z.B. den Niedergang der deutschen Heringsfischerei in den 1970er Jahren.

Längst werden die Rahmenbedingungen für die Bewirtschaftung der Fischbestände auf europäischer Ebene gesetzt. Nachdem es im Zuge der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU über Jahrzehnte nicht gelungen war, eine nachhaltige Bewirtschaftung der Fischbestände in europäischen Meeresgebieten einschließlich der Nordsee durchzusetzen, werden in den letzten Jahren Fortschritte bei der Bewirtschaftung sichtbar. Erklärtes Ziel der Europäischen Kommission ist heute eine auf wissenschaftlichen Empfehlungen basierende Fischerei, die ökologische Verträglichkeit und höchstmöglichen Dauerertrag miteinander verbindet.

Der Umweltindikator „Fischbestände in der Nordsee“ ist einer der niedersächsischen Kernindikatoren, die im Auftrag des Umweltministeriums vom damaligen Niedersächsischen Landesamt für Ökologie erarbeitet wurden (NLÖ 2004). Der Indikator spiegelt die mittlere Bestandsentwicklung von vier fischereilich genutzten Arten in der Nordsee wider, soweit der Bestand der einzelnen Art unterhalb der – unter Vorsorgeaspekten von Fischereiwissenschaftlern definierten – Mindestbestandsgröße lag.

Dem Indikator „Fischbestände in der Nordsee“ (Abb. 7b) liegen die Daten zu den Laicherbeständen von Hering, Kabeljau, Scholle und Seezunge zugrunde, die auch in der Deutschen Bucht fischereilich potenziell von Bedeutung sind. Artspezifisch wird ermittelt, um wieviel Prozent die sogenannte „Laicherbiomasse“ („SSB“) den artspezifischen Vorsorgereferenzwert für die Laicherbiomasse („Bpa“) unterschreitet. Die Summe der vier Einzelwerte, dividiert durch vier, ergibt den Indikatorwert. Die Datengrundlage basiert auf den wissenschaftlichen Programmen des internationalen Rats für Meeresforschung; daher ist Bezugsraum für alle Arten die gesamte Nordsee (im Einzelnen siehe NLÖ 2004).

Für die Bestandsentwicklung sind neben natürlichen, vom Menschen nicht zu beeinflussenden Faktoren vor allem der direkte, aber auch der indirekte Einfluss der Fischerei maßgebend. Ziel ist, dass die Mindestbestandsgröße, oberhalb derer eine nachhaltige Bestandsentwicklung mit hoher Wahrscheinlichkeit gesichert ist, von keiner Art unterschritten wird. Der Zielwert für den Indikator „Fischressourcen der Nordsee“ beträgt damit 0.

Bis zum Jahr 2005 war in die Index-Berechnung als weitere Fischart der Wittling einbezogen (vergl. Umweltbericht 2010). Da seitdem für den Wittling kein vollständiger Datensatz zur Verfügung steht, wurde die Art für den Umweltbericht 2012 erstmals aus der Indexberechnung herausgenommen und der Index für die obengenannten vier Arten rückwirkend seit 1963 neu berechnet. Infolgedessen verlaufen der heutige, auf vier Arten und der ursprüngliche, auf fünf Arten gründende Index im Zeitraum 1963 bis 2005 ähnlich, aber nicht identisch.

Im Verlauf des Indikators in den letzten Jahren spiegelt sich die Erholung der Bestände von Scholle, Hering und Seezunge wider. Immer noch ungünstig stellt sich aktuell die Bestandssituation beim Kabeljau dar.

Aktuelle und umfassende Informationen zum Zustand der Fischbestände ausgewählter Fanggebiete bietet das Johann Heinrich von Thünen-Institut auf seiner Homepage an („Fischbestände online“). Die Bibliothek befindet sich im Aufbau und umfasst derzeit Informationen zu 130 Beständen von weltweit 30 Arten, die auf dem deutschen Markt angeboten werden.

Umweltindikator Fischbestände in der Nordsee  

Artikel-Informationen

erstellt am:
01.03.2011
zuletzt aktualisiert am:
25.09.2013

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