Themeninfo Wasserkraft-Thesen
Das vom Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz erarbeitete Thesenpapier für eine umweltfreundliche Nutzung von Wasserkraft zur Energiegewinnung weist damit auf eine komplexe Fragestellung hin. Ziel des Thesenpapiers ist, die CO2-freie regenerative Erzeugungsform Wasserkraft mit den anderen, ebenfalls bedeutsamen Inhalten der Umwelt- und Energiepolitik stärker in Einklang zu bringen. In diesem Zusammenhang wird teilweise nicht ausreichend beachtet, dass die traditionsreiche und durchaus sinnvolle Nutzung der Wasserkraft neben der klimaschonenden Erzeugung elektrischer Energie auch mit negativen Auswirkungen auf die Umwelt einhergehen kann. Hier gilt es somit, ein ausgewogenes Miteinander aller Umweltfaktoren sicherzustellen.
Aktuell werden in Niedersachsen rund 270 Wasserkraftanlagen mit einer Nennleistung von insgesamt ca. 75 MW betrieben. Besonders im Fokus der von den Fischerei- und weiteren Umweltverbänden thematisierten Kritik steht der oft mangelnde Schutz wandernder Fischarten. Sofern keine wirksamen Rechenanlagen, die wie ein Schutzgitter das Einwandern der Fische in die Turbineneinläufe verhindern sollen, vorhanden sind, besteht ein vergleichsweise hohes Risiko, dass die Tiere bei der Turbinenpassage verletzt oder getötet werden. Gleiches gilt für gut auffindbare Wanderwege, sogenannte Abstiegskorridore, die ein schadloses Wechseln aus dem Oberwasser der Wasserkraft- bzw. Wehranlage ins Unterwasser in Richtung Nordsee ermöglichen sollen. Sofern kein nutzbarer oder nur ein mit Verletzungsgefahr verbundener Wanderweg vorhanden ist, können die Tiere ihren Lebenszyklus nicht abschließen und der lokale Erhalt der jeweiligen Population ist gefährdet. Insbesondere die nach verschiedenen europäischen und nationalen Rechtsgrundlagen geschützten sogenannten Langdistanzwanderfische wie Aal und Lachs sind hiervon betroffen. Grundsätzlich gilt die Notwendigkeit wirksamer Wanderwege aber für die gesamte Fischfauna, da alle Fischarten mehr oder wenige ausgeprägte Wanderbewegungen in ihren Lebensraum bzw. -zyklus vornehmen. Andere unerwünschte Effekte können eine durch staubedingte Erwärmung verringerte Sauerstoffsättigung oder die Bildung von übermäßigen Schlammablagerungen im Rückstaubereich sein.
Das Thesenpapier zeigt in 10 Thesen auf, wie eine nachhaltige Wasserkraftnutzung mit verschiedenen anderen Belangen verzahnt werden soll. Exemplarisch werden einige davon nachfolgend kurz skizziert:
· Neben der CO2-freien Produktion elektrischer Energie sind auch die gewässerökologischen Belange ausreichend zu berücksichtigen.
· Dazu ist Einklang mit den Zielen und Inhalten der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie und von NATURA 2000 im Hinblick auf den Schutz von Flora und Fauna obligatorisch.
· Die notwendigen Mindestwassermengen für die Dotation der Auf- und Abstiegsanlagen sowie für eventuell vorhandene Ausleitungsstrecken müssen zur Verfügung stehen.
· Schwall- und Sunk-Betrieb wird wegen der unnatürlichen Abflussverhältnisse, auch hydraulischer Stress genannt, als nicht nachhaltig eingestuft.
Eine generelle Kritik oder Ablehnung der Energieerzeugung mittels Wasserkraft ist damit nicht verbunden. Insbesondere die großen Anlagen über 1.000 kW Nennleistung sind aus energiewirtschaftlicher Sicht sinnvoll und können zu einem ausgewogenen Energiemix regenerativer Energieerzeugung beitragen. Bei den kleineren Anlagen überwiegen die ökologischen Schäden dementgegen oft die Positivwirkung der regenerativen Produktionsform. Im Energieland Niedersachsen werden die Schwerpunkte der gegebenen Potentiale insbesondere in der Windkraft und der Solarenergie gesehen.