Ströme, Flüsse, Seen
Aus den Berichten zum Zustand der Gewässer aus dem Jahr 2005 wird deutlich: In einem dicht besiedelten und wirtschaftlich nahezu auf jedem Quadratkilometer intensiv genutztem Land wie Niedersachsen sind Auswirkungen der menschlichen Tätigkeit auf den Zustand der Gewässer nicht zu vermeiden. Art und Ausmaß dieser Auswirkungen werden nach den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie und nach ländereinheitlichen Kriterien erfasst und in den Berichten dargestellt.
Der Zustand der Oberflächengewässer bemisst sich gemäß Wasserrahmenrichtlinie nach einer Reihe von Qualitätskomponenten, die insbesondere den biologischen Zustand betreffen. Die Gewässer sind dann in einem guten Zustand, wenn sowohl die Ökologie als auch die Chemie die Qualitätsanforderungen erfüllt.
Bisher wurde die Güte der Oberflächengewässer in Deutschland (und in Niedersachsen) in biologischer Hinsicht aufgrund des Sauerstoffgehaltes beurteilt und dargestellt. Als Indikatoren des Gewässerzustandes wurden Organismen benutzt, die für die jeweilige Belastungsstufe realistisch sind (so genannter Saprobienindex). Die zuletzt veröffentlichte Gewässergütekarte 2000 zeigt hiernach für Niedersachsen ein zufriedenstellendes Bild. (Die Saprobie ist als erste wichtige Basiskomponente der Beurteilung in die Bestandsaufnahme der Oberflächengewässer gemäß Wasserrahmenrichtlinie eingeflossen).
Das Ziel, in Niedersachsen mindestens die Güteklasse II-III zu erreichen, ist in großen Teilen erreicht oder fast erreicht. Das gilt allerdings noch nicht für viele Gewässer im westlichen Teil des Landes. Dass das Ziel in großen Teilen erreicht oder fast erreicht ist, ist Folge der erheblichen Anstrengungen und Investitionen, die in Niedersachsen in den vergangenen Jahrzehnten für den Gewässerschutz - insbesondere beim Ausbau der Abwasserreinigung - unternommen wurden.
Für die Ökologie gemäß Wasserrahmenrichtlinie sind künftig die Lebensgemeinschaften im Gewässer - insbesondere Kleinlebewesen, Pflanzen und Fische - wesentlich stärker und genauer zu erfassen und zu beurteilen. Dabei ist auch die Gewässerstruktur (z.B. Flussregulierung, Uferbefestigung) sowie die Durchgängigkeit der Gewässersysteme für wandernde Fische (Wehre und Schleusen) und andere Organismen zu betrachten. Legt man die Strukturklassifizierung der Oberflächengewässer, die im vergangenen Jahr abgeschlossen wurde, sowie die Karte der Wanderungshindernisse über die Gütekarte 2000, ergibt sich ein anderes Bild des Zustands unserer Gewässer.
Für die Beurteilung der Gewässerchemie gemäß Wasserrahmenrichtlinie ist insbesondere ausschlaggebend, ob sich Stoffe aus der neuen EU-Liste (prioritäre Stoffe) nachweisen lassen. In Niedersachsen lassen sich nach den Ergebnissen der Bestandsaufnahme einige Schwermetalle, Antifoulingmittel TBT (Tributylzinn), PAK (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) aus Verbrennungsanlagen und einige Pflanzenschutzmittel in Einzelfällen nachweisen.
Fazit:
Zusammenfassend ist festzustellen, dass nach den vorläufigen Ergebnissen der Bestandsaufnahme die Gewässergüte gemäß bisherigen Qualitätsparametern (z.B. Saprobie) grundsätzlich zufrieden stellend ist. Durch neue Beurteilungskomponenten gemäß Wasserrahmenrichtlinie wie Gewässerstruktur, Durchgängigkeit und prioritäre Stoffe ergibt sich gegenüber der bisherigen Gewässergütekarte nunmehr ein anderes Bild . Dies ist nicht überraschend, wenn als Beurteilungsmaßstab ein vom Menschen nahezu unbeeinflusstes Gewässer als Referenzzustand gem. EG-WRRL zugrunde gelegt wird.
Da viele Fließgewässer von erheblichen - gesellschaftlich erforderlichen - menschlichen Einflüssen geprägt sind und zum Teil starkem Nutzungsdruck unterliegen, was sich insbesondere in ihrer Struktur und biologischen Durchgängigkeit darstellt, ist deshalb gemäß Wasserrahmenrichtlinie in einem nächsten Schritt zu entscheiden, ob sie als "erheblich verändert" einzustufen sind. Bei derartigen Gewässern ist wie bei den "künstlichen" Gewässern (z.B. Mittellandkanal) eine Zielkorrektur möglich. Statt des guten ökologischen Zustandes reicht in diesen Fällen das "gute ökologische Potential" mit entsprechend geringeren Anforderungen.
Im Rahmen der Bestandsaufnahme sind entsprechende vorläufige Ausweisungen als "erheblich veränderte Gewässer" insbesondere in den westlichen und nördlichen Landesteilen Niedersachsens vorgeschlagen worden.
Die vorläufige Ausweisung der Gewässer als "erheblich verändert" (heavily modified waterbody, HMWB) bzw. "künstlich" (artificial waterbody, AWB) geschah auch mit Blick auf das Vorgehen benachbarter Länder wie Schleswig-Holstein oder der Niederlande.
Ausblick:
In Niedersachsen ist bis 2006 das Messprogramm der Oberflächengewässer anzupassen. Dieses Monitoring ist die Voraussetzung für eine 2007 beginnende zielgerichtete Maßnahmenplanung und optimale Realisierung der Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Gewässergüte.
Zuständig und in der Pflicht zur Umsetzung von Maßnahmen sind im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie alle Wassernutzer – auch die Kommunen, die Wasserverbände, die Wasserschifffahrtsverwaltung und das Land. Niedersachsen wird weiterhin Haushaltsmittel zur naturnahen Gestaltung der Fließgewässer zur Verfügung stellen und dabei so erforderlich die Schwerpunkte des Förderprogramms anhand der Ergebnisse der Bestandsaufnahme der Oberflächengewässer anpassen.
Näheres zum Vorgehen der Bestandsaufnahme und den Kriterien entnehmen Sie bitte dieser Homepage unter Bestandsaufnahme 2005.
Im kartographischen Informationssystem (interaktiver Bericht) können Sie die Ergebnisse für die Bearbeitungsgebiete und zu jedem einzelnen Wasserkörper abfragen. Die Ergebnisse zusammengefasst in Berichten der Bearbeitungsgebiete finden Sie in den C-Berichten (s. Infospalte). Die aggregierten Ergebnisse der Flussgebietseinheiten (A- und B-Berichte) finden Sie auf dieser Homepage unter Flussgebiete.
Artikel-Informationen
erstellt am:
22.06.2005
zuletzt aktualisiert am:
16.03.2010