Artikel-Informationen
erstellt am:
23.01.2015
zuletzt aktualisiert am:
11.03.2020
Ein weiteres wesentliches Ziel der IE-Richtlinie ist, durch eine verstärkte Anwendung der besten verfügbaren Techniken (BVT) bei industriellen Tätigkeiten in der EU ein einheitliches und hohes Umweltschutzniveau zu erreichen und gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Was als beste verfügbare Techniken (BVT) gilt, ist in BVT-Referenzdokumenten (BREF oder BVT-Merkblättern mit BVT-Schlussfolgerungen) beschrieben. Die Erstellung und Fortschreibung der BVT-Merkblätter erfolgt weitgehend branchenbezogenen in einem Prozess des Informationsaustauschs zwischen Mitgliedstaaten, Industrie und Umweltverbänden, dem sogenannten "Sevilla-Prozess". Für bestehende Anlagen gilt eine Vier-Jahres-Frist zur Aktualisierung der Nebenbestimmungen der Genehmigung und zur Anpassung der Anlagen an den fortgeschriebenen Stand der Technik.
Die aktuell vorliegenden BVT-Merkblätter und Durchführungsbeschlüsse können Sie auf der Internetseite des Umweltbundesamtes herunterladen.
Die Anforderungen der BVT-Schlussfolgerungen gelten erst nach der nationalen Umsetzung in normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften oder Verordnungen. Die Anpassung der deutschen Rechtsvorschriften soll dabei innerhalb eines Jahres erfolgen, so dass im Anschluss daran drei weitere Jahre verbleiben, bis die neuen Anforderungen von neuen BVT-Schlussfolgerungen in den Betrieben bei bestehenden Anlagen praktisch umgesetzt sein müssen.
Für die Chloralkaliindustrie wurde im Dezember 2014 von der Bundesregierung die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Umsetzung des Durchführungsbeschlusses der Kommission vom 9. Dezember 2013 über Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken gemäß der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates über Industrieemissionen in Bezug auf die Chloralkaliindustrie (2013/732/EU) (CAK-VwV) veröffentlicht.
Asbestdiaphragma-Anlagen werden für die Chloralkaliproduktion sowohl nach BVT-Schlussfolgerung als auch nach CAK-VwV nicht mehr als Stand der Technik angesehen.
Ab dem 12. Dezember 2017 darf aus Anlagen zur Herstellung von Chlor oder Alkalilauge kein Asbest mehr emittiert werden. Für bestehende Anlagen ist im Einzelfall eine Fristverlängerung zur Sanierung nach § 52 Absatz 1 Satz 7 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes möglich, wenn die Umrüstungsfrist von 4 Jahren wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlage unverhältnismäßig ist.
Für die nicht mehr als beste verfügbare Technik nach der IE-Richtlinie eingestufte Chlorproduktion der Dow Deutschland Anlagengesellschaft mbH im Werk Stade soll die Umstellung auf ein asbestfreies Verfahren bis zum 31.12.2024 durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag festgeschrieben werden. Die Verhandlungen zum Austausch der bei der Firma Dow in Stade eingesetzten asbesthaltigen Diaphragmen wurden bereits vor Inkrafttreten der CAK-Verwaltungsvorschrift - und somit noch bevor hierzu in Deutschland eine rechtliche Verpflichtung dazu bestand - geführt. Die Firma Dow Deutschland Anlagengesellschaft mbH wird nach Maßgabe des Vertragsentwurfes und in enger Abstimmung mit dem Land Niedersachsen die asbesthaltigen Diaphragmen schrittweise austauschen.
Im Werk Stade wird ein spezielles, besonders energieeffizientes Diaphragma-Verfahren eingesetzt, welches im Vergleich zu anderen Chlor-Elektrolyse-Anlagen in Europa für die Produktion einer gleichen Menge Chlor bis zu 50 % weniger Energie benötigt, womit erhebliche CO2-Emissionen vermieden werden. Unter anderem aus diesem Grund ist eine Umrüstung auf herkömmliche asbestfreie Diaphragmen nicht verhältnismäßig. Der derzeitige Einsatz der asbesthaltigen Diaphragmen im Werk Stade erfolgt ohne Gefährdung für Mensch und Umwelt. Ebenso ist eine sichere Entsorgung des Asbestes durch die werkseigene Reststoffverwertungsanlage gewährleistet.
Die Firma Dow unternimmt bereits seit vielen Jahren Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für eine standort- und produktionsspezifische Lösung, um den Asbest in den Diaphragmen durch andere Materialien zu ersetzen, die genauso energieeffizient sind. Seit 2012 wurden asbestfreie, energieeffiziente Diaphragmen versuchsweise in der Produktion eingesetzt. Im Jahr 2014 erfolgte die Umrüstung der ersten vollständigen Produktionsserie auf asbestfreien Diaphragmen, um die Technik unter großtechnischen Produktionsbedingungen weiter zu erproben und um die Betriebstauglichkeit weiter zu optimieren. Bereits vor Ende 2017 werden grundsätzlich 4 vollständige Produktionsserien umgerüstet sein. Anschließend sollen 2 bis 3 Produktionsserien asbesthaltiger Diaphragmen jährlich außer Betrieb genommen werden, so dass die Umrüstung im Regelfall bis zum 31. 12. 2024 abgeschlossen wäre.
Der vollständige, für die Umrüstung des Werks Stade erforderliche Bedarf an asbestfreien Diaphragmen soll bereits im Jahr 2016 bestellt werden. Ferner verpflichtet sich das Unternehmen, nach dem 11. Dezember 2017 keine asbesthaltigen Diaphragmen und keine Asbestfasern für die Herstellung oder Instandhaltung asbesthaltiger Diaphragmen zu importieren.
Die Auslegung des öffentlich-rechtlichen Vertrages wurde im Niedersächsischen Ministerialblatt vom 17.12.2014 bekannt gemacht.
Die Endfassung des öffentlich-rechtlichen Vertrages wurde am 13.03.2015 vom Leiter des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamts Cuxhaven für das Land Niedersachsen und von Herrn Rolf Nettersheim für die Firma DOW unterschrieben und ist eingestellt auf der Seite der Gewerbeaufsichtsverwaltung.
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erstellt am:
23.01.2015
zuletzt aktualisiert am:
11.03.2020