Biomassenutzung
Ein Schwerpunkt der Bioenergie ist die traditionelle Wärmeerzeugung aus Holz in über 1,1 Mio. Kleinfeuerungsanlagen, in Pelletheizungen oder Holzhackschnitzelanlagen. In Niedersachsen werden schätzungsweise 1,6 Mio. t Holz für die Wärmeerzeugung eingesetzt. Der Holzverbrauch entspricht einer Energiemenge von ca. 5.500 GWh und damit etwa 4 % des Heizöl- und Erdgasverbrauchs, der zur Niedertemperaturwärmeerzeugung in Niedersachsen eingesetzt wird. Da sich die energetische Nutzung von Holz für die Wärme- und Stromerzeugung auf einem sehr hohen Niveau befindet, sind für die Zukunft nur geringere Wachstumsraten zu erwarten.
Die Nutzung der bei der Stromerzeugung in dezentraler Kraft-Wärme-Kopplung anfallenden Wärme wird in Verbindung mit Nahwärmenetzen und der Errichtung von Mikrogasnetzen für Rohbiogas deutlich zunehmen und damit zu einer effizienten Energieerzeugung beitragen. Es wird erwartet, dass etwa 2.500 bis 3000 GWh Wärme durch Kraft-Wärme-Kopplung bei der Stromerzeugung aus Biogas genutzt werden können. Darüber hinaus sollen vielfältige Verwendungen von aufbereitetem Biogas durch die Einspeisung des Biomethans in die Erdgasnetze in nennenswertem Umfang ermöglicht werden.
Was ist Biomasse?
Schon seit langer Zeit wird Biomasse (z.B. Holz) zur Energieerzeugung genutzt. Unter Biomasse sind alle Arten von Pflanzen, die auch speziell zur Energiegewinnung angebaut werden können, sowie pflanzliche und tierische Nebenprodukte Reststoffe zu verstehen. Daraus lassen sich feste, flüssige und gasförmige Energieträger gewinnen.
Der Kohlenstoffkreislauf
Pflanzen nehmen durch die Photosynthese Kohlenstoff auf, speichern es und wirken auf diese Weise als sogenannte Senken oder anders gesagt als CO2 - Speicher. Werden die Pflanzen verbrannt bzw. zersetzt
(z. B. Vergärung, Kompostierung) so wird dieser Kohlenstoff wieder an die Atmosphäre abgegeben. Aus der Atmosphäre entnehmen Pflanzen wiederum den Kohlenstoff, der Kreislauf beginnt neu. Bei der Verbrennung oder Zersetzung von Biomasse wird nur soviel Kohlenstoff freigesetzt, wie die Pflanzen vorher aufgenommen haben, daher gilt Biomasse bei der Verbrennung theoretisch als "CO2-Neutral". Kohlenstoff ist nicht nur im Energieträger Biomasse, sondern auch in fossilen Energieträgern (Kohle, Öl, Erdgas) enthalten. Der entscheidende Unterschied zwischen beiden Energieträgern ist, dass der in fossilen Energieträgern enthaltene Kohlenstoff vor Millionen von Jahren der Atmosphäre und dem Kohlenstoffkreislauf entzogen und dauerhaft gespeichert wurde. Bei der Verbrennung wird er freigesetzt und bewirkt eine Erhöhung der Kohlenstoffdioxidkonzentration in der Atmosphäre die zum Treibhauseffekt beiträgt. Der Begriff "CO2 - neutral" trifft bei der energetischen Nutzung von Biomasse häufig nur bedingt zu, da beim Anbau und der Bereitstellung von Biomasse sowie beim Betrieb von Bioenergieanlagen fossile Hilfsenergie genutzt wird. Die Klimabilanz der Bioenergie ist umso besser je niedriger die so genannten vorgelagerten Prozessketten fossile Energie benötigen (Anlagenerstellung, Brennstoffbereitstellung).
Umwandlungsverfahren für Biomasse
Biomasse kann als trockene Biomasse (Holz, Stroh, Getreidekörner) oder feuchte Biomasse (Silagen, Zuckerrüben, Gülle) zum Einsatz gelangen. Vielfach werden Bioenergieträger (z.B. Raps,Weizen, Mais, Strauchschnitt oder Biomüll) zur energetischen Nutzung in Sekundärenergieträger umgewandelt wie flüssige (z. B. Rapsöl) oder gasförmige (Biogas). Dies geschieht durch thermochemische, physikalisch–chemische oder biochemische Umwandlungsverfahren. Thermochemische Verfahren sind Verkohlung, Verflüssigung, Pyrolyse und Vergasung. Dabei werden die organischen Stoffe hauptsächlich unter dem Einfluss von Wärme (verschiedentlich auch durch zusätzlichen Druck) in feste, flüssige oder gasförmige Energieträger umgewandelt. Bei der physikalisch–chemischen Umwandlung werden Öle und Fette durch Pressen oder Extraktion gewonnen. Bei der Erzeugung von Biodiesel z. B. ist eine Umesterung erforderlich, um das Öl den Eigenschaften konventionellen Dieselkraftstoffs weitgehend anzugleichen und in Dieselmotoren von handelsüblichen Kfz´s einzusetzen. Durch thermischen Vergasung von Biomasse kann Synthesegas gewonnen werden, dass zur Wasserstofferzeugung oder nach Verflüssigung (Fischer Tropsch-Verfahren) zu synthetischen Kraftstoffen (Sunfuel) aufbereitet werden kann. Diese Verfahren sind noch nicht praxisreif, sondern befinden sich meist im Stadium der Erprobung und Entwicklung. Bei der biochemischen Umwandlung wird Biomasse mit Hilfe von Mikroorganismen in Sekundärenergieträger umgewandelt. In anäroben Verfahren (Vergärung) kann unter Sauerstoffabschluss Bio- bzw. Klärgas gewonnen werden. Die Kompostierung dagegen erfordert eine Luftsauerstoffzufuhr; dabei wird Wärme freigesetzt, die in der Regel nicht genutzt wird. Ein weiteres Verfahren ist die Alkoholgärung. Zucker-, Stärke- oder Zellulosehaltige organische Stoffe werden Mittels Hefe oder Bakterien zu Alkohol (Bioethanol) umgewandelt.
Die Vorteile von Biomasse zur Energiegewinnung
Im Photosynthese - Prozess wird, vereinfacht ausgedrückt, solare Strahlung mit Hilfe von Pflanzen in organische Materie umgewandelt. Biomasse stellt dadurch eine Form gespeicherter Sonnenenergie dar. Sie ist lagerfähig und nahezu permanent verfügbar. Biomasse bietet folgende Vorteile: Die Abhängigkeit von Energieimporten (z.B. Erdöl und Erdgas, aber auch Kohle und Uran) wird vermindert und die Versorgungssicherheit erhöht. Bioenergieanlagen sollten in der Nähe von Biomasseanbaugebieten errichtet werden, weil dadurch längere Transporte und der damit zusammenhängenden höhere Energieaufwand für die Transporte entfällt. Die energetische Nutzung von Biomasse anstelle fossilen Energieträgers trägt zur Minderung von CO2–Emissionen bei, ist somit ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz und stärkt gleichzeitig die heimische Wirtschaft, insbesondere den ländlichen Raum. Land- und Forstwirtschaftliche Betriebe können zusätzliche Einnahmequellen erschließen. In Niedersachsen als Flächenland steht ein hohes Potenzial an Biomasse zur Verfügung. Die Technik zur energetischen Nutzung existiert heute schon und wird in Pilot- und Demonstrationsanlagen weiterentwickelt. Dies fördert die technische Innovation und neue Technologien. Bei der Verwertung von Reststoffen und Bioabfällen zur Wärme- und Strom- und Kraftstofferzeugung können Kreisläufe zwischen Produktion sowie Verwertung und Entsorgung erreicht werden.
Die Nachteile von Biomasse
Die Bioenergien stehen vor allem wegen ihres Flächenbedarfs beim Anbau nachwachsender Rohstoffe in der Kritik, da eine Flächenkonkurrenz zur Nahrungs- und Futtermittelerzeugung besteht. Die land- und forstwirtschaftliche Biomasseerzeugung muss deshalb nachhaltig erfolgen, so dass soziale und ökologische Beeinträchtigungen vermieden werden. Die Umweltwirkungen der Biomasseproduktion müssen dabei entlang der gesamten Prozesskette betrachtet werden, damit positive Effekte auf der einen Seite nicht durch negative Effekte auf einer anderen Seite konterkariert werden (z.B. CO2-Einsparung bei der Nutzung von Energiepflanzen und gleichzeitig Methan- oder Lachgas-Freisetzung beim Anbau oder bei der Vergärung oder Nachteile beim Wasserschutz). Neben der CO2-Vermeidung in der gesamten Prozesskette geht es auch um den Schutz wertvoller Lebensräume mit hoher Biodiversität und /oder hoher Kohlenstoffbindung durch land- und forstwirtschaftliche Flächennutzung.
Ein Ausbau der Biomasseproduktion zur energetischen Verwendung kann in Entwicklungsländern zu Konflikten mit der Sicherung der Ernährung in diesen Ländern und dem Recht auf Nahrung führen, wobei ein Verzicht auf eine energetische Biomassenutzung keine Lösung zur Behebung sozialer Missstände ist.
Die Produktion von Bioenergie bietet auch für Entwicklungsländer Chancen. Sie sollten dabei unterstützt werden, diese Chancen im Rahmen einer nachhaltigen Entwicklung nutzen zu können. Damit gewährleistet ist, dass auch importierte Bioenergieträger, die in Deutschland zur Energiegewinnung eingesetzt werden, nachweisbar nachhaltig angebaut werden, ist die Entwicklung auch international anwendbarer, WTO-konformer Nachhaltigkeitsstandards und entsprechender Zertifizierungssysteme notwendig. Dabei sind auch soziale Mindeststandards zu berücksichtigen (Arbeits- und Sozialgesetzgebung, Recht auf Nahrung, Verhinderung illegaler Landnahme).
Für die Erzeugung der energetisch und stofflich zu verwertenden Biomasse gelten in Deutschland dieselben Umweltanforderungen wie für die Nahrungs- und Futtermittelerzeugung. So sind z. B. die Anforderungen der guten fachlichen Praxis des Düngemittel- sowie des Pflanzenschutzrechts einzuhalten.
Der Bioenergieanteil am Energieverbrauch
Nach der Energiebilanz des Pestel-Institutes in Hannover kam 1998 ca. 1,3 % des Primärverbrauches in Niedersachsen aus regenerativen Quellen, der Bioenergieanteil betrug 0,7 %. Dieser Anteil ist bis heute auf über 8% gestiegen. Die EU will den Anteil der regenerativen Energien am Primärenergieverbrauch von 6% 1998 auf auf 12 % im Jahre 2010 ausbauen, wobei der Biomasseanteil 2/3 davon (8 %) betragen soll. Auch die Bundesrepublik strebt mit ihrem Nationalen Biomasse Aktionsplan eine Verdoppelung des derzeitigen Anteils der Bioenergie am Primärenergieverbrauch auf 11% an. Das Land Niedersachsen als großes Agrarland unterstützt dabei die Absichten der EU und der Bundesregierung.
Biogasanlagen
Biogas ist ein Gasgemisch, das hauptsächlich aus Methan und Kohlenstoffdioxid besteht. Daneben enthält es Spuren anderer Gase, wie Schwefelwasserstoff, Stickstoff, Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Durch anaerobe Vergärung (Ausschluss von Sauerstoff) "verfault", feuchte Biomasse (z.B. Gülle, Mist aber auch Speisereste). In einem mehrstufigen Prozess werden die kohlenstoffhaltigen Verbindungen in der Biomasse in Methan und Kohlendioxid umgewandelt.Biogase haben verschiedenen Ursprung: Klärgase aus kommunalen Kläranlagen, Biogas aus der anaeroben Abwasserreinigung oder der Bioabfallvergärung sowie aus landwirtschaftlichen Reststoffen oder als Deponiegas aus Abfalldeponien. Aufgrund seines guten Heizwertes (6.000 Kcal/m3 entsprechend 25.000 kJ/m3) wird Biogas energetisch zur Strom- und Wärmeerzeugung verwendet. Vor der Verbrennung zur Stromerzeugung in Verbrennungsmotoren von Blockheizkraftwerken bzw. kleinen Kraftwerken erfolgt eine Gasreinigung (Entschwefelung). Die Abwärme des Verbrennungsmotors wird in der Regel als Prozesswärme für den Fäulnisvorgang der Biogasherstellung genutzt, darüber hinaus anfallende Wärme kann, je nach Größe der Anlagen, zur Beheizung von kommunalen Einrichtungen, Wohnraum, Ställen, Gärtnereien usw. verwendet werden.
Biogas und Klimaschutz
Klimapolitisch werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Erstens wird vereitelt, dass Methan, das bei Zersetzungsprozessen von Biomasse entsteht, unkontrolliert in die Atmosphäre entweicht und zweitens wird dieses Methan energetisch genutzt. Im Vergleich mit den Brennstoffen Rohbraunkohle, Erdöl und Erdgas weist Biomasse Vorteile auf. So wird pro Kilowattstunde Strom aus Biomasse im Vergleich zum zum deutschen Kraftwerkspark 0,613 kg weniger klimarelevantes Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre ausgestoßen als bei den fossilen Energieträgern. Weitere Vorteile der Biogasnutzung sind die Einsparung fossiler Brennstoffe und der Einsatz von Vergärungsrückständen als Pflanzendünger. Es ist also möglich, die Äcker mit den Rückständen des Vergärungsprozesses zu düngen und somit die Emissionen bei der Herstellung von Düngern zu reduzieren. Niedersachsens Biogasanlagenbetreiber leisten schon jetzt einen großen Beitrag zur Schonung des Klimas. Sie ersparen der Atmosphäre unter Einbeziehung der vorgelagerten Prozessketten (Anlagenerstellung, Brennstoffbereitstellung).
Weitere Biomassenutzungen
Verschiedene Formen fester Biomasse werden energetisch verwertet. Als Rohstoffe kommen speziell angebaute Pflanzen, z.B. schnell wachsende Hölzer und Energiegräser, aber auch organische Nebenprodukte und Reststoffe, z.B. Waldsturm- und Waldschwachholz, Stroh, Restholz aus Industrie und Gewerbe in Frage, aber auch Bioabfälle, die nach einer Behandlung (z.B. Trocknung und / oder Pelletierung) einer Verbrennung oder thermischen Vergasung zugeführt werden.
In Verbrennungsanlagen wird Altholz energetisch verwertet, wenn diese Anlagen die hohen Emissionsstandards der 17. Bundesimmissionsschutz-Verordnung (17. BImSchV) einhalten. Ähnliche Nutzungsmöglichkeiten bestehen für Stroh, die bisher allerdings kaum genutzt werden. Grund hierfür ist die bisher sehr teure und an deutsche Emissionsstandards nicht angepasste Anlagentechnik.
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sieht eine erhöhte Vergütung für eingespeisten Strom aus regenerativen Energiequellen und damit auch Biomasse vor. Bereits 1998 wurde die durch das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten geförderte Fachinformationsstelle BioEnergieNiedersachsen (BEN) eingerichtet. Diese Einrichtung ist 2005 im neu gegründeten 3N Kompetenz-zentrum Nachwachsende Rohstoffe mit Sitz in Werlte und einem Büro in Göttingen aufgegangen: > Netzwerk Nachwachsende Rohstoffe - 3N.