Landessammelstelle für radioaktive Abfälle
Das Land Niedersachsen ist gesetzlich verpflichtet, für die in seinem Gebiet anfallenden radioaktiven Abfälle aus den Bereichen Medizin, Forschung (einschließlich Schulen) und Technik (d. h. gewerbliche Betriebe ohne kerntechnische Anlagen) eine Landessammelstelle vorzuhalten. Diese schwach- und mittelradioaktiven Abfälle sind bis zur Ablieferung an eine Einrichtung des Bundes zur Sicherstellung und Endlagerung radioaktiver Abfälle zwischenzulagern. Zum 01.07.2002 hat das Niedersächsische Umweltministerium den Betrieb der Landesssammelstelle für radioaktive Abfälle Niedersachsen einem privaten Dritten übertragen mit dem Ziel, den sicheren und kostendeckenden Betrieb einer Landessammelstelle zu gewährleisten. Der private Dritte ist die GNS Gesellschaft für Nuklear Service mbH (GNS). Das Land Niedersachsen bleibt jedoch aufgrund der rechtlichen Bestimmungen uneingeschränkt verantwortlich und übernimmt auch weiterhin das Eigentum an den Abfällen. Das Niedersächsische Umweltministerium hat mit der GNS einen Vertrag zur Annahme, Behandlung und Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle geschlossen. Zu diesen Aufgaben gehören neben administrativen Aufgaben insbesondere
- die Übernahme radioaktiver Abfälle und Durchführung von Eingangskontrollen in der Betriebsstätte Jülich der GNS,
- vorübergehende Lagerung der angenommenen Abfälle bis zur Behandlung / Verarbeitung,
- endlagergerechte Behandlung (Konditionierung) der radioaktiven Abfälle, also bspw. Verbrennung von festen und flüssigen, brennbaren Abfällen, Volumenreduzierung durch Verpressung etc.
- Verpackung der behandelten Abfälle in für das Endlager Konrad zugelassene Container.
Folgende zusätzliche Aufgaben übernimmt die GNS auf Wunsch des Ablieferungspflichtigen:
- Bereitstellung von Verpackungen und Transportbehältern,
- Durchführung von (Sammel-)Transporten zur Betriebsstätte Jülich,
- Dekontamination,
- Sortierung,
- Vorbehandlung,
- Verpackung,
- Analyse von Abfällen/ Abfallproben und
- Besichtigung / Beratung vor Ort.
Nähere Informationen über die Ablieferung radioaktiver Abfälle finden Sie unter: http://lsst.niedersachsen.de
Bei der Ablieferung radioaktiver Abfälle sind die jeweils aktuellen allgemeinen Annahmebedingungen für die Landessammelstelle Niedersachsen einzuhalten. Konditionierte radioaktive Abfälle können von der Landessammelstelle bei Einhaltung besonderer Annahmebedingungen übernommen werden. Bei der Behandlung und Verpackung radioaktiver Abfälle zur Herstellung endlagerfähiger Abfallgebinde sind Verfahren anzuwenden, deren Anwendung die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) zugestimmt hat. Für die Lagerung der radioaktiven Abfälle sind die 'ESK-Leitlinien für die Zwischenlagerung von radioaktiven Abfällen mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung' in der Fassung vom 09.12.2021 zu beachten. Weitere Anforderungen können im Einzelfall gestellt werden. Die Zwischenlagerung der konditionierten Abfälle erfolgt in einem Lager in Leese (Landkreis Nienburg/Weser), welches von der Firma Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH (EZN) betrieben wird.
Historie der Landessammelstelle und Zwischenlagerung von Abfällen in Leese
Von 1981 bis 1998 betrieb das Land Niedersachen eine Landessammelstelle in Steyerberg (Landkreis Nienburg/Weser), nachdem das niedersächsische Kontingent in der 1964 gegründeten gemeinsamen Sammelstelle der vier nordwestdeutschen Küstenländer in Geesthacht (Schleswig-Holstein) ausgeschöpft war. Der Standort Steyerberg wurde im Jahr 2000 aus Kosten- und Kapazitätsgründen aufgelöst. Die dort lagernden Fässer mit (teil-)konditionierten radioaktiven Abfällen wurden bei der Auslagerung einzeln inspiziert, sofern erforderlich in Umverpackungen (Überfässer) eingestellt und nach Leese transportiert. Die jetzige Zwischenlagerung der 1.484 Fassgebinde in Leese erfolgt aufgrund eines Vertrages zwischen dem Niedersächsischen Umweltministerium und der Fa. EZN.
In Leese lagern zudem 3.400 Fässer mit radioaktiven Abfällen, die sich seit 1998 im Eigentum des Landes Niedersachsen befinden. Sie wurden bereits Ende der 1990er und Anfang der 2000er Jahre (teil-)konditioniert. Außerdem lagern in Leese sechs Container mit bereits endlagergerecht konditionierten radioaktiven Abfällen der Landessammelstelle Niedersachsen.
Die Fässer werden im Rahmen von visuellen Inspektionen durch den Lagerbetreiber (halbjährlich) sowie in Begleitung eines Gutachters (alle drei Jahre) kontrolliert. Aufgrund einer nur eingeschränkten Zugänglichkeit diverser Fässer wurden sogenannte Referenzfässer festgelegt, die repräsentativ überprüft werden.
Im Rahmen der Inspektionen wurden seit 2013 mehrfach Auffälligkeiten und Alterungserscheinungen an den Altabfallfässern festgestellt. Dabei handelt es sich um Korrosionserscheinungen, um Verformungen des Fassdeckels oder Fassmantels sowie um die Entstehung von Überdruck im Fassinneren.
Die in Leese zwischengelagerten radioaktiven Abfälle des Landes Niedersachsen müssen an ein Bundesendlager abgegeben werden. Das dafür vorgesehene Endlager Schacht Konrad befindet sich derzeit in der Errichtung. Eine Fertigstellung wird durch die Betreiberfirma BGE für frühestens 2029 angekündigt.
Die Konditionierungsverfahren, die in den 1980er und1990er Jahren verwendet wurden und die damals erstellte Dokumentation zu den Abfällen entsprechen nicht den Anforderungen, die für eine Endlagerung im Schacht Konrad erfüllt werden müssen. Vor ihrer Abgabe an das Bundesendlager werden die radioaktiven Altabfälle aus der ehemaligen Landessammelstelle Steyerberg daher in den nächsten Jahren den Endlagerungsbedingungen Konrad entsprechend nachbehandelt (nachqualifiziert und nachkonditioniert) und in für das Endlager zugelassene Behälter, sogenannte Konrad-Container, verpackt. Das Niedersächsische Umweltministerium hat hiermit die GNS beauftragt. Da die Arbeiten nicht in Leese durchgeführt werden können, werden die Abfälle in kleinen Chargen zur Betriebsstätte der GNS nach Jülich transportiert. Der erste Abtransport von Fässern erfolgte im Herbst 2020.
Auch die 3.400 weiteren Altabfallfässer müssen künftig noch entsprechend der aktuell gültigen Endlagerungsbedingungen für das Endlager Konrad nachqualifiziert und in Container verpackt werden. Ein Vergabeverfahren hierfür wird von Seiten des MU zurzeit vorbereitet.
Aufgaben des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz
Für das Umweltministerium ergeben sich im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Einrichtung und zum Betrieb der Landessammelstelle Niedersachsen folgende Aufgaben:
- Überwachung von Tätigkeiten der beauftragten Dritten (GNS, EZN),
- Erstellung von Benutzungs- und Gebührenregelungen sowie von Gebührenbescheiden,
- Entscheidungen über die Ablieferung von radioaktiven Abfällen nach § 5 Abs. 3 und 5 AtEV,
- Herstellung eines Einvernehmens nach § 6AtEV,
- Vorbereitung der Nachqualifizierung und Nachkonditionierung der Altabfälle,
- Sicherstellung der längerfristigen Zwischenlagerung der radioaktiven Abfälle.
Artikel-Informationen
erstellt am:
05.03.2020
zuletzt aktualisiert am:
12.02.2024