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Zur veränderten Genehmigung für das Seekabel zwischen Windpark und niederländischer Bohrplattform erhalten Sie Informationen des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz:

PI 72/2024

Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NWLKN) hat als zuständige Behörde die seit 2022 bestehende wasserrechtliche Genehmigung zum Bau eines Seekabels vom Windpark Borkum-Riffgard zur in den Niederlanden genehmigten Bohrplattform des Unternehmens ONE Dyas auf Grund von Widersprüchen von Umweltverbänden geändert. Aufgrund des Vorkommens des besonders geschützten Biotoptyps „Riffe“, die Greenpeace 2023 entdeckte und die vom NLWKN bestätigt wurden, wurde eine zusätzliche naturschutzrechtliche Befreiung notwendig, die One Dyas Ende Juni beantragt hat. Nach intensiver Prüfung hat der NLWKN entschieden, die Befreiung zu erteilen. Damit verbunden ist die Auflage, dass ein deutlich erhöhter ökologischer Ausgleich in Form von Ersatzzahlungen für die Beeinträchtigung der Biotope durch das Unternehmen zu erfolgen hat.

Zudem wurde zum Schutz der Riffe der Einsatz von Fräsen o.ä. untersagt und eine schonende Verlegetechnik vorgeschrieben. Felsen und Steine, die für die Kabeltrasse verschoben werden, müssen im Nahbereich bleiben, um dort neue Riffbiotope entstehen zu lassen. Die Frage, ob die Gasförderung im deutschen Gebietsteil mit dem Umweltrecht vereinbar ist, ist kein Bestandteil des Genehmigungsverfahrens des Seekabels zum Windpark und wurde in diesem ausdrücklich nicht geklärt.

Die Nationalparkverwaltung und das NLWKN hatten 2023 in ihren umfangreichen Stellungnahmen an das LBEG auf zahlreiche Umweltauswirkungen und fehlende oder unzureichende Untersuchungen hingewiesen. Aus Sicht von Umwelt, Natur, dem Schutz des Weltnaturerbes Wattenmeer und der Inseln (durch die umfangreichen Bodenabsenkungen und Veränderungen der Sedimentströme) wird das Vorhaben weiterhin als nicht genehmigungsfähig angesehen. Die Entscheidung des LBEG im Planfeststellungsverfahren steht noch aus. Mit der Entscheidung zur Genehmigung des Kabels zu Anbindung des Windparks ist keine Entscheidung über Erdgasbohrungen in der Deutschen Nordsee verbunden. Das Welterbekomitee der UNESCO hat 2023 die Niederlande und Deutschland aufgefordert, keine neue Öl- und Gasförderung am Rande des Weltnaturerbes mehr zuzulassen und ausdrücklich das geplante Vorhaben vor Borkum genannt. Gleichzeitig hat die UNESCO ein Prüfverfahren zur Beibehaltung des UNESCO-Weltnaturerbe Status eingeleitet und wird Ende Juli dazu voraussichtlich weitere Beschlüsse fassen.


Wegen zahlreicher Nachfragen erhalten Sie dazu ein Statement von Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer:

„Ich habe die fachliche Entscheidung zur bestehenden Genehmigung der Kabeltrasse, die nach intensiver Prüfung ergangen ist, zur Kenntnis genommen. Der zuständige NLWKN hat dabei naturschutzfachliche und umweltfachliche Bedenken in den Blick genommen und ordnungsgemäß nach Recht und Gesetz zur Wahrung aller Interessen abgeprüft. Das Seekabel darf zwar weiterhin gebaut werden, an meiner kritischen Sicht auf das Gesamtprojekt ändert sich aber nichts. Aus Sicht des Klimaschutzes sind neue fossile Gas- oder Ölförderungen abzulehnen. Einen Gasmangel gibt es angesichts voller Gasspeicher und ausreichender LNG-Kapazitäten nicht mehr, wie auch die Bundesregierung feststellt. Das Weltnaturerbe Wattenmeer ist ein besonders wertvoller Lebensraum. Die Gasbohrpläne von ONE Dyas haben daher in einem besonders sensiblen Lebensraum erhebliche negative Auswirkungen auf die Umwelt, Natur und den Schutz der Inseln. Aus Sicht der Umwelt, des Klimas, des Naturschutzes, des Schutzes der Inseln und des Wattenmeers sowie im Sinne des Erhalts des Weltnaturerbe-Status des Wattenmeeres ist die beantragte Gasförderung vor Borkum aus unserer Sicht nach wie vor nicht genehmigungsfähig, wir warten weiterhin auf die Rückmeldung des LBEGs zu den Stellungnahmen der Fachbehörden NLWKN und Nationalparkverwaltung. Im Koalitionsvertrag der Ampel im Bund ist zudem klar vereinbart, keine neuen Genehmigungen zur Öl- und Gasförderung in der Nordsee mehr zu erteilen. Ich gehe davon aus, dass sich der Bund, der noch einen Vertrag zur Förderung mit den Niederlanden abschließen muss, daran hält, gerade angesichts der sich zuspitzenden Klimakrise, dem steigenden Meeresspiegel und dem möglichen Verlust des Weltnaturerbestatus. Niedersachsen setzt beim Klimaschutz und bei der Energiewende auch künftig auf den Ausbau der Offshore-Windenergie in der Nordsee, aber nicht auf neue Förderungen klimaschädlicher fossiler Gase.“


Zum Hintergrund:

Die wasserrechtliche Genehmigung zur Verlegung eines Seekabels zur Versorgung der Gasförderplattform N05-A durch den Offshore-Windpark (OWP) RIFFGAT gem. § 36 WHG i. V. m. §§ 83, 57 NWG (Anlage im deutschen Küstengewässer) wurde am 21.10.2022 vom zuständigen Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) erteilt. Zudem hat der NLWKN als zuständige Naturschutzbehörde am 01.09.2022 eine Befreiung nach § 67 BNatSchG vom Verbot des § 30 Abs. 2 BNatSchG für den voraussichtlich, durch die Kabelverlegung betroffenen Biotoptyp „KMTk – Tiefwasserzone des Küstenmeers – Artenreiche Kies-, Grobsand- und Schillgründe“ erteilt.

Beide Bescheide wurden vom NLWKN mit der aufschiebenden Bedingung erteilt, dass vor Beginn der Kabelverlegungsarbeiten auf niederländischer Seite alle notwendigen Genehmigungen zur Errichtung und für den Betrieb der Gasförderplattform N05-A bestandskräftig vorliegen.

Bereits im September 2023 wurde ONE-Dyas darauf hingewiesen, dass zusätzlich zum rechtskräftigen Abschluss des Genehmigungsverfahrens, entlang der Kabeltrasse neu entdeckte wertvolle Riffe liegen und dafür noch eine zusätzliche naturschutzrechtliche Befreiung erforderlich ist, da die bisherige Befreiung nur für den anderen Biotoptyp gilt.

Mitte Juni 2024 hat der NLWKN als zuständige Naturschutzbehörde das Unternehmen erneut darauf hingewiesen, dass es keine Befreiung für den gesetzlich streng geschützten Biotoptyp „Steinige Riffe“ gibt und die bislang vorgelegten Gutachten aufgrund verschiedener naturschutzfachlicher und -rechtlicher Aspekte Mängel aufweisen und nicht zugestimmt werden kann. One-Dyas wurde erneut aufgefordert, einen entscheidungsreifen Antrag für eine Befreiung nach § 67 BNatschG vorzulegen.

Anfang Juni 2024 wurden zur bestehenden wasserrechtlichen Genehmigung wie auch zur naturschutzrechtlichen Befreiung zudem Widersprüche von DUH, BUND, Stadt Borkum, Inselgemeinde Juist, BI Saubere Luft Ostfriesland e.V. eingereicht. Diese entfalten nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz aufschiebende Wirkung.

Seitens One-Dyas wurde erst am 26.6.2024 ein umfangreicher, zusätzlicher Antrag auf Befreiung von Vorkommen des Biotoptyps „Steiniges Riff des Sublitorals“ nach § 67 BNatSchG vom Verbot des § 30 Abs. 2 BNatschG vorgelegt. Außerdem wurden die Widersprüche der Umweltverbände geprüft und teilweise stattgegeben. Der Antrag auf naturschutzrechtliche Befreiung und Sofortvollzug zum Biotoptyp Riffe mit Datum v. 26.06.2024 wurde vom NLWKN intensiv geprüft. Aufgrund ihres Antrags wurden den Umweltverbänden auch diese Anträge übersandt und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 15.07.2024 gewährt. Der NLWKN hat auch diese Stellungnahmen und Begründungen geprüft und die Widersprüche sowie die von ONE-Dyas gestellten Anträge entsprechend beschieden.


Artikel-Informationen

erstellt am:
19.07.2024

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