Statements der Vertragspartner zum zehnjährigen Bestehen des „Masterplan Ems 2050“
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Meyer: „Erfolgreiche gemeinsame Arbeit für einen besseren Zustand der Ems – für die Menschen, die Umwelt, die Wirtschaft und die Region“
Festakt zum zehnjährigen Bestehen des „Masterplan Ems 2050“
PI 035/2025
Zehn Jahre nach dem Abschluss des Vertrages „Masterplan Ems 2050“ können sich die Ergebnisse „mehr als sehen lassen“, so Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer: „Für die Menschen an der Ems, die Umwelt, die Wirtschaft und die Region.“ Mit einem Festakt wurde das zehnjährige Bestehen der Vereinbarung am (heutigen) Donnerstag mit rund 100 Gästen aus der Region im Rathaus Westoverledingen (Landkreis Leer) gefeiert.
Die im Vertrag vereinbarten Meilensteine seien bislang erreicht worden, so der Umweltminister: „In diesem Frühjahr sind zwei Polder mit ästuartypischen Lebensräumen fertiggestellt worden, bei den Flächen für den Wiesenvogelschutz haben wir die Flächenvorgaben des Vertrags für 2025 schon übertroffen – und im dritten Quartal startet das Planfeststellungsverfahren für das zentrale Projekt zur Verbesserung der Wasserqualität in der Ems: die flexible Tidesteuerung.“
Meyer betonte, dass es bei der Umsetzung der Maßnahmen an der Ems stets auch um „fairen Ausgleich“ gehe. „Es ist wichtig, sowohl die Umweltverbände, Kommunen, Häfen, Wirtschaft und Landwirtschaft an der Ems mitzunehmen. So baut und finanziert das Land unter anderem einen neuen Großschiffsliegeplatz im Emder Hafen, um Einschränkungen wegen der Tidesteuerung auszugleichen – und auch den Emskai werden wir gemeinsam angehen, damit wir die Gewässerqualität schnell verbessern können“, so der Minister.
Die flusstypischen Lebensräume für die Natur wiederherzustellen, geschehe nicht im luftleeren Raum, auch die Tidesteuerung betreffe viele Akteure. Meyer: „Das alles ist uns bewusst. Am Ende verbessern die Maßnahmen des Masterplans nicht nur die Entwicklung der Natur an und in der Ems, sondern auch die wirtschaftliche Prosperität der Region. Nicht zuletzt, indem die Region an Umwelt- und Lebensqualität gewinnt.“ Der Masterplan Ems sei ein Musterbeispiel der Zusammenarbeit zwischen Vertragspartnern, aber auch mit den Interessenvertretern der Region.
Der Umweltminister hob die Tidesteuerung mit dem Emssperrwerk als zentralem Projekt des Masterplans Ems hervor: „Die Gewässerqualität im Sinne der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu verbessern und die Natur wiederherzustellen und zu verbessern ist das Umweltziel des Masterplans Ems. Auch hier ist uns viel gelungen, aber wir haben noch viel vor.“ Wenn sich die Wasserqualität der Ems deutlich verbessert habe, werde sich das auch auf die Nebengewässer und die weiter zu schaffenden Lebensräumen positiv auswirken.
Darüber hinaus betonte Meyer die Gleichgewichtung von Ökonomie und Ökologie im Vertrag, mit denen der Masterplan Ems 2050 den zuvor jahrelangen Konflikt um den Zustand der Ems befriede: „Wir müssen ökologische Verbesserungen erreichen, damit auch die Wirtschaft gedeihen kann“, so der Minister. „Das ist vielleicht das Sinnbild: Dass man sich nicht wie vor 10, 15 Jahren streitet, sondern dass akzeptiert wird: Es wird auch künftig Schiffsüberführungen geben, aber wir müssen auch etwas dafür tun, damit die Ems sauberer wird, klarer wird und dass mehr Lebensräume für gefährdete Arten entstehen.“
In der Veranstaltung in Westoverledingen wurde auch der Stand der Dinge bei einzelnen Projekten des Masterplans dargestellt (siehe unten). Planung und Umsetzung der Masterplan-Ems-Maßnahmen liegen in den Händen des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), der bei mehreren Projekten eng mit dem Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Ems-Nordsee zusammenarbeitet. In Talkrunden berichteten Vertreter der Vertragspartner über ihre Zwischenbilanz zu den Maßnahmen und dem Prozess der Umsetzung (Statements der Partner siehe weiterer Anhang). Unter anderen beteiligten sich Niedersachsens Wirtschaftsstaatsekretär Frank Doods, der Leiter der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt, Eric Oehlmann, sowie Experten aus Wasserwirtschaft, Landwirtschaft und Tourismus an den Gesprächsrunden.
Westoverledingen war als Veranstaltungsort ausgewählt worden, weil im Gemeindeteil Coldemüntje der erste tidebeeinflusste Lebensraum in diesem Frühjahr in den Testbetrieb geht. Am Nachmittag wurde das Projekt den Gästen vor Ort vorgestellt. Der Polder war zu Beginn der Planung umstritten gewesen, nach vielen Gesprächen und Verhandlungen hatten Planer und Gemeinde aber einen Kompromiss gefunden.
Hintergrund
Das Niedersächsische Umweltministerium ist federführend für die Umsetzung der Ziele und Maßnahmen, die die neun Vertragspartner im Frühjahr 2015 vereinbart hatten. Die Ziele des Vertrags sind die Lösung des Schlickproblems in der Ems, die Schaffung von verlorengegangenen Lebensräumen, wie sie für Gezeitenflüsse typisch sind, der Schutz der Vögel und ihrer Lebensräume, der Erhalt der Leistungsfähigkeit der Bundeswasserstraße Ems und die Sicherung der wirtschaftlichen Entwicklung der Region. Zustande gekommen war der Vertrag unter dem Druck der EU-Kommission, die Deutschland wegen der Verletzung von gleich mehreren Umweltrichtlinien an der Ems mit einem Vertragsverletzungsverfahren gedroht hatte. Nach der Festlegung der Ziele und Maßnahmen hatte die Kommission das Verfahren eingestellt, lässt sich aber nach wie vor jährlich über den Fortschritt berichten. Vertragspartner sind das Land Niedersachsen, die Bundeswasserstraßenverwaltung, die Landkreise Leer und Emsland, die Stadt Emden, die Umweltverbände BUND, NABU und WWF sowie die Meyer Werft.
Stand der Dinge bei den Projekten
Verbesserung der Gewässergüte und Lösung des Schlickproblems
Die Tidesteuerung mit dem Emssperrwerk soll die ausgeprägte Asymmetrie von Ebbe und Flut mindern bis aufheben und so die ständige Anreicherung von Schlick im Fluss beenden. Nach dem einstimmigen Beschluss des Lenkungskreises für die Tideniedrigwasseranhebung im November 2023 bemühen sich die Planerinnen und Planer des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft-, Küsten- und Naturschutz (NWLKN) im Gespräch mit allen Betroffenen Kompensationen für mögliche Einschränkungen zu entwickeln, so etwa mit den Entwässerungsverbänden zu den Auswirkungen des zeitweise höheren Niedrigwassers und mit Hafenbetreibern, beispielsweise über Umgestaltungen im Emder Hafen zur Sicherung des Umschlags unter den Bedingungen der Tidesteuerung. Der federführende NLWKN arbeitet im Verfahren eng mit dem Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Ems-Nordsee in Emden zusammen. Im dritten Quartal 2025 soll das Planfeststellungsverfahren für das weltweit einmalige Unterfangen beginnen, bei Genehmigung ohne Klagen könnte die Steuerung 2027 starten. Ein technischer Test 2020 hatte die Wirksamkeit der Tidesteuerung aufgezeigt. Die dabei gewonnenen Daten dienten der weiteren Modellierung und die Ergebnisse der rechnergestützten Berechnungen stützen die Wirksamkeitserwartungen.
Ästuartypische Lebensräume
In gleich zwei Poldern, in denen wieder ästuartypische Lebensräume entstehen sollen, ist mit dem Abschluss der Bauarbeiten die Phase angebrochen, in der Pflanzen und Tiere sich ansiedeln können.
Der Polder Coldemüntje in der Gemeinde Westoverledingen ist ein von der Tide beeinflusster Brackwasserlebensraum, der durch wechselnde Wasserstände mit Brackwasserwatten, Flachwasserzonen, Röhrichten und Weidengebüschen sowie Staudenfluren abwechslungsreiche Biotoptypen beinhalten wird, wie sie in der Vergangenheit am Fluss immer seltener geworden sind. Die Tide im Polder wird mittels eines Ein- und Auslassbauwerk durch den Deich gesteuert und der Tidenhub in dem Gebiet durchziehenden Priel wird rund einen Meter betragen. Die Sturmflutsicherheit ist gewährleistet. Zudem gibt es einen Süßwasserteich für Amphibien, die das Brackwasser nicht vertragen.
Der Süßwasserpolder Stapelmoor bei Weener bietet Tieren und Pflanzen, die auf flaches Süßwasser angewiesen sind, einen neuen Lebensraum. Er ist 18 Hektar groß und speist sich vorrangig aus Regenwasser. Wenn das Holthuser Tief ausreichend gefüllt ist, ist bei Bedarf aber auch eine Zuwässerung möglich. Der Polder bildet auf dem Gebiet einer ehemaligen Emsschleife Süßwasserbiotope nach, wie sie an der Ems einst durch abgetrennte Nebenarme häufig vorkamen. Der Polder Leer befindet sich noch in der Planungsphase. Er wird rund 130 Hektar groß sein und über ein Aus- und Einlassbauwerk an der Leda an die Tide angeschlossen werden.
Vogelschutz
Die im Vertrag vereinbarten Meilensteine sehen vor, dass bis 2025 78 Hektar Flächen für den Wiesenvogelschutz zur Verfügung stehen. Tatsächlich sind es bereits 89 Hektar, die durch Vernässung im Frühjahr und extensive Beweidung die Brutbedingungen für die Wiesenbrüter verbessern. Die Gebiete befinden sich bei Bedekaspel am Großen Meer (Landkreis Aurich) sowie in den Leher Wiesen bei Dörpen, in Rhede-Flaar und im Brualer Hammrich (alle Landkreis Emsland).
Durchgängigkeit für Fische
Um der Fischpopulation der Ems auch die Binnengewässer als Lebensräume zu öffnen und Wanderfische in ihrem Lebenszyklus zu unterstützen, werden im Rahmen des Masterplans Ems 2050 Schleusen und Sielbauwerke mit fischfreundlichen Steuerungen versehen. Erfolgt ist das in Zusammenarbeit mit den Entwässerungsverbänden an den Schöpfwerken an der Knock und in Pogum, in Sautel und Petkum wurden Maßnahmen optimiert und an der Schleuse in Oldersum wurden in Zusammenarbeit mit dem WSA Ems-Nordsee Fischschleusungen eingerichtet. Im weiteren Verlauf der Ems Richtung Tidewehr Herbrum werden Maßnahmen erfolgen, wenn die Tidesteuerung die Wasserqualität verbessert hat und die Fischpopulation wieder wächst.
Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Region
Die Überführungssicherheit für Schiffe der Meyer Werft wird durch den Masterplan mit der Verbesserung der Gewässerqualität verknüpft. Bis 2029 ist die Überführung durch einen Vorrat an Ausnahmen bei Salz- und Sauerstoffwerten gesichert, im Gegenzug wurden zwischen Land und Umweltverbänden zwei weitere Naturschutzmaßnahmen vereinbart- Eine langfristige Sicherung wird an den neuen Bedingungen in der Ems nach Etablierung der Tidesteuerung erfolgen.
Die Baumaßnahmen im Hafen Emden zur Sicherung des Umschlags nach Beginn der Tidesteuerung zeigen, dass analog zu den Naturschutzmaßnahmen wegen der Überführungssicherung auch wirtschaftliche Maßnahmen vereinbart werden, wenn Naturschutzmaßnahmen unternehmerische Aktivitäten einschränken.
Naturschutzstation Ems
An der Ems am Sauteler Siel ist die Naturschutzstation Ems mit zwei Mitarbeitern im ehemaligen Sielwärterhaus eingerichtet. Die Mitarbeiter arbeiten mit an Planung und Umsetzung von Maßnahmen des Masterplans Ems und, kümmern sich um landeseigene Naturschutzflächen.
Artikel-Informationen
erstellt am:
24.04.2025