Lies: „Wolf braucht vernünftiges Management“
- Umweltministerium gibt Niedersächsische Wolfsverordnung in die Beteiligung -
PI 49/2020
Lies: „Wolf braucht kluges Management“
- Umweltministerium gibt Niedersächsische Verordnung in die Beteiligung -
„Niedersachsen steht zum Schutz des Wolfes ohne Wenn und Aber. Für diese Landesregierung ist Artenschutz keine Symbolpolitik. Aber auch die Weidetierhaltung ist ein nicht wegzudenkender wichtiger Teil unserer Kulturlandschaft - und das soll auch so bleiben”, stellt Niedersachsens Umweltminister Lies klar.
Um auf der einen Seite dem Artenschutz und auf der anderen Seite den Weidetierhaltern gerecht zu werden, hat das Niedersächsische Umweltministerium eine „Wolfsverordnung“ erarbeitet – als bundesweit erstes Land, nachdem das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) vor wenigen Wochen geändert wurde. „Management beim Wolf bedeutet natürlich Prävention durch Herdenschutz, aber am Ende auch die Wolfsentnahme wenn dies nicht ausreicht.“
Die neue Wolfsverordnung befindet sich aktuell in der Abstimmung mit anderen niedersächsischen Ministerien. „Ein Wolf, der ungeschützte Tiere reißt, wird alleine deswegen nicht entnommen. Weitere Faktoren müssen hinzukommen, bevor das letzte Mittel greift. Ganz wichtig: Die neue Verordnung nimmt damit nicht nur den Wolf in den Fokus. Wir behalten zugleich die vielen anderen seltenen und geschützten Arten in Niedersachsen im Blick, die auf offene Landschaften angewiesen sind“, ergänzt Lies.
Kern der Verordnung ist die Regelung der in Niedersachsen zumutbaren Herdenschutzmaßnahmen. Denn bisherige pauschale Empfehlungen von 120 Zentimeter hohen Schutzelektrozäunen gegen Wölfe sind nicht in allen Fällen – zum Beispiel am Deich oder in der Heide – geeignet und zumutbar. Dem trägt die Verordnung Rechnung, indem die Zumutbarkeit den Gegebenheiten in Niedersachsen angepasst wurde.
„Wo Hüteschäfer über weiträumige Naturschutzflächen – wie in der Lüneburger Heide – ziehen, sind wolfsabweisende Zäune keine Option. Hier ist ein Schäfer, der seine Herde persönlich bewacht, ausreichend. Und Herdenschutzhunde, die ihre Heidschnucken beispielsweise auch gegen die Hunde verteidigen würden, verbieten sich“, so Lies.
Herdenschutz am Deich
Dem Hochwasserschutz kommt bei der Abwägung des Wolfschutzes mit anderen Interessen ein besonderes Gewicht zu. An Deichen in Niedersachsen ist daher künftig die gute fachliche Praxis der Einzäunung von Schafen grundsätzlich ausreichend.
Minister Lies erklärt dazu: „Ohne die Beweidung von Deichen sind diese nicht zu sichern. Wenn Schäfer dort aufgrund zunehmender Wolfsangriffe aufgeben, sind viele Menschen der sehr realen Gefahr von Überschwemmungen ausgesetzt. Gleichzeitig können an Deichanlagen nicht beliebig hohe Stromzäune errichtet werden, um verirrte Wölfe abzuhalten. Am Deich hat der Wolf nichts zu suchen. Das heißt keinesfalls, dass ein durchziehender Wolf, der sich ein Schaf holt, gleich geschossen wird. Aber residente Wölfe, die im Bereich von Hochwasser-Schutzanlagen Schafe jagen oder reißen, können nicht toleriert werden.“
Rechtssicherheit für Jäger
Abgesehen von Regeln für die Weidetierhaltung werden auch Optionen definiert für den Fall, dass Wölfe sich Menschen annähern. Die für Vergrämungen oder Abschussgenehmigungen zuständigen Landkreise bekommen damit einen klaren Rahmen für ihre Entscheidungen. Minister Lies: „Wichtig ist die Verordnung nicht nur für Weidetierhalter, sondern auch für die Verantwortlichen vor Ort, die Maßnahmen prüfen, und für diejenigen Jäger, die sie umsetzen. Ihnen müssen wir Rechtssicherheit geben. Wenn Wölfe entnommen werden müssen, trifft das Land gemeinsam mit den unteren Naturschutzbehörden die notwendigen Entscheidungen.“
Nachdem die Verordnung mit den anderen betroffenen Ressorts abgestimmt ist, geht sie in die Verbändebeteiligung, bei der beispielsweise Naturschutzverbände, Weidetierhalter oder die Jägerschaft zu den Details der Regelungen angehört werden.
Hintergrund
· Die Verordnung enthält Regelungen, wie im Grundsatz mit problematischen Wölfen umgegangen wird (z. B. Verscheuchen, Vergrämen, Entnahme), schließt dabei aber eine Einzelfallbetrachtung nicht aus.
· Für den Fall der Vergrämung und der Besenderung zu wissenschaftlichen Zwecken erteilt die Verordnung Ausnahmen unmittelbar, in Fällen von Entnahmen bindet sie das Ermessen der Unteren Naturschutzbehörde bei deren Entscheidung.
· Bei erfolgloser Vergrämung können aufdringliche Wölfe (nach Annäherung unter 30 Meter oder nach einem Angriff auf Menschen) auf Antrag geschossen werden. Es sind keine mehrmaligen Vorfälle erforderlich.
· Bei – antragsbedürftigen – Genehmigungen auf Entnahmen zur Abwendung ernster wirtschaftlicher Schäden ist ein mindestens zweimaliges Überwinden des ordnungsgemäß errichteten Herdenschutzes gem. Anlage der Verordnung erforderlich.
· Kann ein gesuchter Wolf mangels besonderer Merkmale nicht eindeutig erkannt werden, kann sich eine Entnahme auf § 45a Absatz2 Satz 1 BNatSchG stützen. Zulässig ist dann der Abschuss von einzelnen Mitgliedern des Wolfsrudels in engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit bereits eingetretenen Rissereignissen. Der Abschuss darf bis zum Ausbleiben von weiteren Schäden fortgeführt werden.
· Geeignete Personen für Entnahme und Vergrämung sind Jäger oder behördlich beauftragte Dienstleister.
· Nach einem Unfall mit einem schwer verletzten Wolf dürfen Jäger, Tierärzte oder Polizisten das Tier vor Ort erlösen.
· Ein Fütterungsverbot ist in § 45a Abs. 1 BNatSchG geregelt.