Artikel-Informationen
erstellt am:
23.02.2016
Pressemitteilung 50/2016
Am (heutigen) Dienstag hat in Rodenkirchen der Erörterungstermin für das atomrechtliche Genehmigungsverfahren für die Stilllegung und den Abbau des Kernkraftwerks Unterweser (KKU) sowie für das Baugenehmigungsverfahren und das strahlenschutzrechtliche Umgangsgenehmigungsverfahren für die Errichtung und den Betrieb eines Lagers Unterweser für radioaktive Abfälle (LUnA) begonnen.
Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel hat die Veranstaltung eröffnet. Zur Information senden wir Ihnen den Text des Grußwortes.
-Es gilt das gesprochene Wort-
Das Atomkraftwerk Unterweser ist nicht das erste in Niedersachsen, das stillgelegt und abgebaut werden soll; es ist aber das erste in Niedersachsen, das nach den Ereignissen von Fukushima infolge der Novellierung des Atomgesetzes seine Berechtigung zum Leistungsbetrieb verloren hat und für das der Antrag auf Stilllegung und Abbau, der hier erörtert wird, gestellt ist.
In absehbarer Zeit werden auch die Genehmigungsverfahren für die Stilllegung der beiden letzten noch im Leistungsbetrieb befindlichen Atomkraftwerke in Niedersachsen eingeleitet werden.
Für viele im Saal – auch für mich – ist heute ein besonderer Tag, allerdings sicherlich unter ganz unterschiedlichen Blickwinkeln. Etliche von Ihnen haben sich stark gegen die Nutzung der Atomkraft engagiert – privat und in Bürgerinitiativen. Speziell auch hier am Standort Unterweser. Andere von Ihnen haben sich in ihren Berufen für die Sicherheit der Anlage im laufenden Betrieb oder für eine längere Laufzeit engagiert.
Der Atomausstieg ist aber nach Fukushima gesellschaftlich mit breiter politischer Mehrheit beschlossen worden. Dieser Beschluss war eine zentrale Weichenstellung für die Energiepolitik unseres Landes und weit darüber hinaus. Diese Weichenstellung hat einen tiefgreifenden und lange währenden gesellschaftlichen Konflikt entschärft. Nun muss dieser Beschluss Stück für Stück umgesetzt werden. Die Atomkraftwerke sind spätestens nach den Terminen der gesetzlichen Vorgaben abzuschalten und danach stillzulegen.
Für die Umsetzung steht uns allen noch ein langer gemeinsamer Weg bevor, in den Genehmigungsverfahren zur Stilllegung und hinterher in der praktischen Durchführung.
Hierbei geht es nicht nur um technische Fragestellungen, es geht auch um die Akzeptanz dieser Großprojekte mit allen Entsorgungsaspekten in der Bevölkerung.
Wir müssen uns sorgsam und kritisch mit den Fragen der Stilllegung und des Abbaus, auch mit denen zur Entsorgung der dabei entstehenden Abfälle, befassen. Wir können und müssen dabei die bisherigen Erfahrungen nutzen, auch die, die wir in Niedersachsen mit dem Abbau des Atomkraftwerks Stade gewonnen haben. Vieles spricht dafür, den Abbau des Atomkraftwerks Unterweser dabei nicht auf die kommenden Generationen zu verschieben, sondern ihn jetzt direkt nach Ende des Leistungsbetriebs in Angriff zu nehmen. Auch vor dem Hintergrund der konkreten Erfahrungen mit den fortgeschrittenen Abbautechniken, auch mit dem Wissen des noch vorhandenen Betriebspersonals.
Nur mit dem Abbau wird der Atomausstieg letztlich unumkehrbar.
Aber das Atomkraftwerk Unterweser wird sich nicht in Luft auflösen. Die sichere Lagerung von hoch radioaktiven Abfällen wird nicht nur unsere Generation, sondern noch sehr viele nachfolgende Generationen beschäftigen und fordern. Die Atommüllkommission des Bundes und der Länder berät seit fast zwei Jahren in Berlin. Die Gründung dieser Kommission war auch den niedersächsischen Erfahrungen mit der Atommülllagerung der letzten Jahrzehnte geschuldet. Dabei geht es um die Verantwortung der heute lebenden Generation für eine sichere Lagerung, aber insbesondere auch um die Verantwortung für kommende Generationen.
Wenn wir über eine Million Jahre sichere Lagerung sprechen, geht es nicht nur um technische Anforderungen, sondern vor allem auch um ethische Maßstäbe. Welcher Techniker kann uns heute garantieren, dass sein Produkt oder sein Konzept so lange Sicherheit garantiert? Im Bewusstsein, dass keiner von uns fehlerfrei ist und auch eine hochindustrialisierte Gesellschaft gegen Fehler nicht gefeit ist, soll eine Möglichkeit zur Fehlerkorrektur für einen langen Zeitraum geschaffen werden.
Immer wieder begegnen uns die Fragen, welche Folgen Niedrigstrahlung hat? Welche Sicherheit Grenzwerte schaffen? Ob die Grenzwerte richtig gesetzt sind. Wie dem Minimierungsgebot bestmöglich Rechnung getragen werden kann?
Wir werden schwach- und mittelradioaktive Abfälle aus Stilllegung und Abbau bis zur Verfügbarkeit eines Bundeslagers für die dauerhaft sichere Lagerung zwischenlagern müssen. Wir werden auch die Abfälle, die gemäß den gesetzlichen Regelungen zur Freigabe aus der atomrechtlichen Überwachung entlassen werden können, sorgfältig behandeln müssen. Auch darüber, wie das geht, werden wir sicher noch intensiv diskutieren.
Wir sollten uns daher in diesem Erörterungstermin auf die wirklich verfahrensrelevanten Themen konzentrieren, um maximale Sicherheit beim Rückbau gewährleisten zu können. Wir werden daher auch Ihre Einwendungen sehr sorgfältig prüfen. Sie geben uns wichtige Hinweise.
Sie können aber auch sicher sein, dass wir allgemeine atompolitische Fragestellungen weiterhin konzentriert und nachdrücklich jenseits des heutigen Termins verfolgen werden.
Ich werde mich weiterhin dafür einsetzen, sichere, gesellschaftlich akzeptierte Lösungen für den Atomausstieg zu finden. Die Öffentlichkeitsbeteiligung halte ich für einen wesentlichen Teil in den Stilllegungsgenehmigungsverfahren. Neben den gesetzlichen Zielen, denen sie dient, kann bei offenem und konstruktivem Umgang miteinander die Akzeptanz zur Umsetzung dieser Großprojekte erhöht werden.
Der Landtag und die Landesregierung legen Wert auf eine Verbesserung der Möglichkeiten zur Öffentlichkeitsbeteiligung im Verlauf des Rückbaus. Wir haben es mit einem sehr langen und komplexen Vorgang zu tun. Um eine breitere Information der Öffentlichkeit bei Stilllegungsprojekten zu fördern, sind im Landeshaushalt daher Mittel zur Unterstützung der Kommunen für solche Maßnahmen eingestellt.
Ich hoffe, dass durch diesen Erörterungstermin erkennbar wird, dass wir in Niedersachsen auch einen gemeinsamen Weg zur Umsetzung des Atomausstiegs beschreiten können. In diesem Sinn wünsche ich allen Teilnehmenden heute und im gesamten Erörterungstermin einen kritischen, aber konstruktiven Dialog.
Artikel-Informationen
erstellt am:
23.02.2016