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„Energiewende ohne Klimaschutz: Braunkohle zu billig, Erneuerbare ausgebremst“

Rede des Niedersächsischen Ministers für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel in der Aktuellen Stunde (TOP 2 c) im Niedersächsischen Landtag in Hannover


- Es gilt das gesprochene Wort. -

Anrede,

wir sind uns in der Landesregierung völlig einig: aufgrund der Versäumnisse der alten schwarzgelben Bundesregierung gibt es massiven Reformbedarf beim Erneuerbare-Energien-Gesetz und beim Emissionszertifikatehandel. Hier standen CDU und FDP seit Jahren auf der Bremse.

Der Kardinalfehler des Eckpunktepapiers der neuen Bundesregierung ist, dass keine Aussagen zur Ausgestaltung und zu den Zielen des Emissionshandels gemacht werden. Damit wird ein Hauptkostentreiber der gestiegenen EEG-Umlage ausgeblendet.

Die gegenüber gutachterlichen Schätzungen des BMU von Mai 2011 deutliche höhere EEG-Umlage hat insbesondere zwei Ursachen: Gestiegene Differenzkosten zwischen dem gesunkenem Börsenstrompreis und der Einspeisevergütung und die Ausweitung der besonderen Ausgleichsregelung. Der deutlich größere Effekt ist dabei auf die gesunkenen Börsenstrompreise zurückzuführen, die insbesondere dem Verfall der Preise für CO2-Verschmutzungsrechte geschuldet sind.

Wenn einer der Hauptkostentreiber der EEG-Umlage unberücksichtigt bleibt, unterbleibt ein erwünschter Effekt bei der Höhe der EEG-Umlage. Braunkohlekraftwerke werden damit absehbar im Geld bleiben. Gaskraftwerke und selbst modernere Kohlekraftwerke drohen vom Markt gedrängt zu werden. Die Folge sind zu hohe CO2-Emmissionen und ausbleibende Impulse für Innovationen beim Kraftwerksbau. Branchenspezifisch würden insbesondere Stadtwerke getroffen, die in modernere Gaskraftwerke investiert haben.

Klimapolitisch entsteht vor der UN-Konferenz von 2015 in Paris eine Glaubwürdigkeitsfalle, wenn das „Energiewende-Land“ Deutschland bei der CO2-Minderung versagt. Wenn der Emissionshandel dauerhaft als Steuerungsinstrument ausfiele, bliebe die EEG-Umlage zu hoch und zusätzlich würden voraussichtlich überhöhte Kosten anfallen um die notwendige fossile Netzreserve zu stützen.

Allein die Vergütungen für zusätzliche Erneuerbare Energie Anteile anzupassen und verbindliche abgesenkte Korridore vorzusehen, wird zur Kostendämpfung nicht ausreichen.

Das Papier der Bundesregierung unterstellt zu hohe Kosten für den Ausbau der Erneuerbaren Energien unter EEG-2.0-Bedingungen. Der Preisvergleich ignoriert die unterschiedlichen Förderzeiträume und lässt Offshore-Strom unnötig teuer erscheinen. Bei Umrechnung auf die bisher übliche Förderdauer von 20 Jahren liegt Offshore-Strom je nach Finanzierungsmodell und Entfernung von der Küste derzeit zwischen 9,7 Cent/kwh und 11,55 Cent/kwh. Auch Onshore-Wind muss in einem einstufigen Reverenzertragsmodell je nach räumlicher Lage nur zwischen 5,9 und 9,0 Cent/kwh kosten. Windstrom an Land kann heute günstiger produziert werden als Strom aus neuen Kohle oder Gaskraftwerken.

Positiv ist, dass das Eckpunktepapier eine größtmögliche Kohärenz mit EU-rechtlichen Vorgaben anstrebt und gleichzeitig deutlich macht, dass der EU-rechtliche Rahmen auch eine an nationalen Kriterien ausgerichtete Förderung der Erneuerbaren Energien ermöglichen muss. Erfolgreich ist die deutsche Energiewende letztlich nur, wenn sie auch europäisch verankert wird und zugleich Impulse für eine europaweite und letztlich globale Absenkung der CO2-Emissionen und der Abhängigkeit von fossilen Energiequellen setzt. Positiv zu verzeichnen ist, dass in gesetzliche Zusagen nachträglich nicht eingegriffen werden soll.

Die alte Bundesregierung hat bei der Gestaltung der Energiewende völlig versagt. Sie hat eine gefährliche Situation für stromintensive Unternehmen geschaffen, die höchste Aufmerksamkeit und höchste Konzentration erfordert. Deshalb bin ich Bundeswirtschaftsminister Gabriel dankbar, wenn er sagt, dass die Energiewende ein richtiger und notwendiger Schritt auf dem Weg in eine Industriegesellschaft ist, die dem Gedanken der Nachhaltigkeit und der Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen und der Verantwortung gegenüber kommenden Generationen verpflichtet ist.

Ob jetzt die richtigen Taten folgen, werden wir jetzt genau prüfen. Wir wollen eine erfolgreiche Energiewende. Wir wollen Planungssicherheit und Verlässlichkeit. Wir wollen bestehende Überförderungen abbauen, Boni streichen und die Förderung durchgehend degressiv gestalten. Aber wir wollen auch sicherstellen, dass das Projekt Erfolg hat. Deshalb müssen der dezentrale Ansatz und der Einspeisevorrang gesichert werden. Deshalb muss auch sichergestellt werden, dass Bürgerwindräder und Solargenossenschaften weiterhin erfolgreich wirken können. Wie orientieren uns dabei an den Ergebnissen der kleinen niedersächsischen Energierunde, die zu all diesen Fragen Eckpunkte formuliert hat.

Wir werden in diesen Fragen das Gespräch suchen. Der Termin steht schon. Eine Energiewende ohne Klimaschutz wollen wir nicht. Um es mal mit Leonardo di Caprio mit einem Zitat aus der HAZ vom letzten Samstag zu sagen, meine Damen und Herren: „Der von Menschen gemachte Klimawandel ist so klar bewiesen, wie die Schwerkraft“. Das geht an die Adresse der FDP.

Deshalb ist es notwendig, die Verbrennung fossiler Rohstoffe zu besteuern mit stetig anwachsenden Steuersätzen. Auf Deutsch nennt man das Emissionshandel, weil Frau Thatcher bei der Einführung das Wort Steuer um alles in der Welt vermeiden wollte.

Aussagen zur Besonderen Ausgleichsregelung sind für eine Bewertung noch viel zu allgemein gehalten. Im Grundsatz muss eine Reduzierung anhand nachvollziehbarer, transparenter Kriterien erfolgen. Um wirklich stromintensive verlagerungssensible Industrien bei Ausnahmen berücksichtigen zu können, müssten neben den Ausnahmen bei der EEG-Umlage auch die anderen Ausnahmeregelungen bei Netzentgelten, Stromsteuer, Konzessionsabgabe und einigen weiteren Regelungen geprüft werden. Die Fa. Aurubis erreicht heute bspw. bei Bündelung aller Ausnahmen knapp 5 Cent/kwh. In diesem Bereich ist Deutschland voll wettbewerbsfähig, wie auch Klagen aus den Niederlanden zeigen. In Verhandlungen mit der EU muss es jetzt gelingen, das richtige Maß zu finden und zugleich einen Beitrag zur Entlastung der EEG-Umlage zu leisten.

Hier hat uns die alte Bundesregierung in eine sehr schwierige Lage gebracht, die ein hohes Maß an Abstimmung und ein entschlossenes Vorgehen im Bundestag und im Bundesrat erfordert.

Artikel-Informationen

erstellt am:
22.01.2014

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