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Antwort auf die mündliche Anfrage zu Wasserentnahmegebühren

HANNOVER. Umweltminister Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage der Abgeordneten Marcus Bosse, Sigrid Rakow, Renate Geuter, Karl-Heinz Hausmann, Uwe Santjer, Ronald Schminke, Wiard Siebels, Uwe Strümpel, Karsten Becker, Frank Henning und Axel Brammer (SPD) zu Gebühren für Wasserentnahme in Niedersachsen geantwortet.


Die Abgeordneten hatten gefragt:

In Niedersachsen wird zur Förderung einer schonenden Grundwasserbewirtschaftung für bestimmte Entnahmen aus oberirdischen Gewässern und aus dem Grundwasser eine Wasserentnahmegebühr erhoben (§ 21 Niedersächsisches Wassergesetz). Für das Haushaltsjahr 2014 werden Einnahmen in Höhe von 47.600.000 Euro erwartet.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie stellt sich die Entwicklung der Grundwasserentnahme bzw. der Grundwasserförderung (in Kubikmetern) in Niedersachsen seit dem Inkrafttreten des § 21 NWG für Zwecke der Landwirtschaft (landwirtschaftliche Feldberegnung) und für die Zwecke der Industrie, Wirtschaft und AKW-Betreibung dar?

2. Wie haben sich die Gebührensätze in dem Zeitraum - auch im Vergleich zu anderen Bundesländern - entwickelt?

3. Wie viele Betriebe erhalten welche Ausnahmeregelung von dieser Gebühr?


Stefan Wenzel, der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz, beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Vorbemerkungen:

Die Wasserentnahmegebühr (WEG) wird in Niedersachsen seit dem Jahr 1992 erhoben.

Gemäß §§ 21 ff. Niedersächsisches Wassergesetz (NWG) i. V. m. Anlage 2 zu § 22 Abs 1 NWG erhebt das Land eine Gebühr für Benutzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 und 5 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) (Wasserentnahmen). Zweck der Erhebung der Gebühr ist die Förderung der schonenden Bewirtschaftung des Grundwassers und der oberirdischen Gewässer. Aus diesem Grund beziehen sich die nachfolgenden Angaben grundsätzlich auf Entnahmen sowohl aus Grundwasser als auch aus oberirdischen Gewässern, sofern sich aus dem Text nichts anderes ergibt.

Die Höhe des Entgeltes bemisst sich nach Herkunft, Menge und Verwendungszweck des Wassers. Wird Wasser für mehrere Zwecke verwendet, berechnet sich das Entgelt nach dem Zweck mit dem höchsten Gebührensatz.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1:

Seit Einführung der WEG zum 1. Juli 1992 war das jährliche Gebührenaufkommen bis zum Jahr 1998 auf eine Größenordnung von 78 Mio. € angewachsen. Nach Stilllegung des Kernkraftwerks Stade im Jahr 2003 und dem Wegfall der dort fälligen Gebühren für Kühlwasserentnahmen gingen die Einnahmen auf die Größenordnung von 57 Mio. €/a zurück.

Im Jahr 2004 betrug die Einnahme 56,3 Mio. €. Hierzu trug der Bereich Wasserversorgung 29,6 Mio. € (52%), der Bereich Kühlwasser 24,4 Mio. € (44%), die Industrie 1,8 Mio. € (3%) und der Bereich Zu sonstigen Zwecken 0,5 Mio. € (1%) bei.

Ein weiterer Rückgang des Aufkommens hat sich nach Abschalten des Kernkraftwerks Unterweser im Jahr 2011 ergeben. Seit dem Jahr 2012 wird von Einnahmen in der Größenordnung von rd. 47 Mio. € ausgegangen.

Am Beispiel der Einnahmeschätzung des Haushaltsjahres 2014 ergibt sich für eine erwartete Gesamteinnahme von 47,6 Mio. € eine nahezu unveränderte Einnahme bei der Wasserversorgung von 29,2 Mio. € (61%). Der Bereich Kühlwasser trägt 11,2 Mio. € (24 %) und der Bereich Industrie, Beregnung und Zu sonstigen Zwecken zusammen 7,2 Mio. € (15%) zur Gesamteinnahme bei.

Bei der Trinkwasserversorgung wird eine Menge von 580 Mio. m³/a zugrunde gelegt, beim Kühlwasser wird mit 1.110 Mio. m³/a gerechnet.

Die Mengen der Wasserentnahmen zum Zweck der Feldberegnung variieren witterungsbedingt stark von Jahr zu Jahr: Im Zeitraum 2003-2010: Zwischen 60 Mio. m³/a – 173 Mio. m³/a; im Mittel 114 Mio. m³/a. Demgegenüber ist die Grundwasserfördermenge für Trinkwasserzwecke über die Jahre relativ konstant: Im Zeitraum 2003-2010: Zwischen 466 Mio. m³/a - 516 Mio. m³/a; im Mittel 494 Mio. m³/a.

Im Mittel liegt der Anteil der Grundwasserförderung für die Feldberegnung im Verhältnis zur Förderung von Grundwasser zu Trinkwasserzwecken im Betrachtungszeitraum bei 23%.

Regelmäßige Auswertungen der jeweiligen Anteile der Verwendungszwecke werden nicht durchgeführt, jedoch ergibt die Betrachtung des o. g. längeren Zeitraums eine plausible Größenordnung.

Zu 2:

Eine aktuelle Übersicht über die Wasserentnahmegebühren der Länder ist aus dem Umweltforschungsplan-Vorhaben der Helmholtz-Gesellschaft aus dem Juni 2011 (Forschungskennzahl 370 926 201 UBA-FB 001541: Weiterentwicklung von Abwasserabgabe und Wasserentnahmeentgelten zu einer umfassenden Wassernutzungsabgabe) zu entnehmen.Danach erhoben zum damaligen Zeitpunkt in Deutschland elf Bundesländer Wasserentnahmeentgelte (WEE), die sich je nach länderspezifischer Ausgestaltung in Bemessungsgrundlage (Oberflächen- und/oder Grundwasserentnahme), nach Entgelthöhe, Ausnahmeregelungen und Aufkommensverwendung unterscheiden.

In Hessen und Thüringen wurden die in den 1990er Jahren eingeführten Abgaben zwischenzeitlich wieder abgeschafft. Nordrhein-Westfalen beabsichtigte zunächst einen schrittweisen Ausstieg aus dem WEE bis zum Jahre 2018. Nach der Landtagswahl 2010 hat die neue Landesregierung nunmehr von einer Abschaffung abgesehen. Eine Abschaffung wird vor dem Hintergrund des anhaltenden Finanzierungsbedarfs zur Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) als kontraproduktiv bewertet. Im Saarland war das gültige Grundwasserentnahmeentgeltgesetz Ende 2012 außer Kraft getreten, von der neuen Regierung jedoch verlängert worden. Rheinland-Pfalz wiederum hat - ebenfalls nach veränderten politischen Mehrheiten aufgrund der Landtagswahl 2011 - die Einführung eines WEE („Wassercent“) beschlossen. In Sachsen-Anhalt hat die Landesregierung von der Ermächtigung in § 105 des Wassergesetzes Land Sachsen-Anhalt (WG LSA) Gebrauch gemacht und ebenfalls ein WEE („Wassercent“) eingeführt.

Die beabsichtigte Wirkung von Wasserentnahmeentgelten erstreckt sich über verschiedene Funktionsbereiche hinweg: Zu unterscheiden ist zunächst, ob die Abgabe auf die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser erhoben wird oder lediglich auf die Grundwassernutzung beschränkt bleibt. Die sogenannten Grundwasserabgaben bezwecken in erster Linie den quantitativen und qualitativen Grundwasserschutz durch Schonung der Entnahmewasserkörper. Abgaben auf alle Wasserentnahmen beziehen zusätzlich den Schutz der Oberflächengewässer ein.

Von den elf Bundesländern, die im Jahre 2011 ein WEE erhoben haben, beschränkt sich in Berlin, Hamburg und im Saarland die Abgabepflicht auf die Entnahme von Grundwasser. Alle anderen Bundesländer erstrecken ihre Entnahmeabgabe sowohl auf Grund- als auch auf Oberflächenwasser, wobei sich die Abgabenhöhe zwischen beiden Gewässerarten zumeist unterscheidet. Die anliegende, aus dem o. g. Forschungsvorhaben entnommene Tabelle gibt einen Überblick zu den unterschiedlichen Abgabesätzen für unterschiedliche Nutzungen nach Grund- und Oberflächenentnahmen. Die Höhe der Abgabesätze schwankt deutlich zwischen 0,0025 € / m³ (Bremen: Fischhaltung) und 0,31 €/m³ (Berlin: Grundwasserentnahmen).

Die Entnahme von Grundwasser ist i. d. R. mit einem höheren Abgabesatz belegt als Oberflächenwasser. Über die Bundesländer hinweg überwiegen eher niedrige Abgabesätze. Deutliche Beträge, wie beispielsweise in Berlin, sind die Ausnahme. Zwischen 1994 und 2003 wurde auch in Hessen eine Grundwasserabgabe erhoben, die sich durch vergleichsweise hohe Abgabesätze auszeichnete und zeitweise zwischen (umgerechnet) 0,2557 €/m³ (z. B. öffentliche Wasserversorgung) und 0,5624 €/m³ (Kühlwassernutzung) erreichte.

Die Entwicklung des Aufkommens lässt sich auch nach Aussage des o. g. Forschungsvorhabens insgesamt nur schwer nachvollziehen, da durchgängige Daten der erhebenden Länder nicht ohne Weiteres zur Verfügung stehen.

Niedersachsen hat seit Einführung der Gebühr im Jahr 1992 lediglich die EURO-Umrechnung, aber keine Erhöhung vorgenommen.

Eine Auswertung der Aufkommensverteilung auf Basis der Haushaltspläne der Länder aus 2008 zeigt, dass 90% des Aufkommens aus den Gebühren der Länder Baden-Württemberg, Berlin, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen stammen. Unter diesen Ländern lag Niedersachsen bis zum Jahr 2010 mit 14,9 % im unteren Bereich. Das noch 2008 und 2010 für Niedersachsen angegebene Aufkommen von 60 Mio. € hat sich aktuell auf rd. 47 Mio. € verringert. Mit dem Hinzukommen weiterer Entgelte der Länder Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt ist der niedersächsische Anteil am bundesweiten Aufkommen weiter gesunken.

Zu 3:

Gem. § 21 Abs. 2 bis 5 NWG wird die Gebühr nicht erhoben für Wasserentnahmen zur

- Grundwasseranreicherung,

- Bewirtschaftung von Talsperren,

- unterirdischen Grundwasseraufbereitung,

- Grundwasserreinigung oder Bodensanierung,

- Hochwasserentlastung,

- Erhaltung oder Verbesserung der Güte oder zum Ausgleich von Wasserverlusten eines anderen Gewässers,

- Wasserkraftnutzung,

- unmittelbaren Wärmegewinnung,

- Fischerei,

- zum Abbau von Sand oder Kies,

- aus staatlich anerkannten Heilquellen sowie aus oberirdischen Gewässern zu Heilzwecken, soweit das Wasser nicht in geschlossenen Behältnissen vertrieben wird,

- Wasserhaltung beim über-/untertägigen Abbau von Bodenschätzen,

- Abwehr von Schäden an Gebäuden, die öffentlichen Zwecken dienen, oder an sonstigen Gebäuden, wenn deren Eigentümer die Notwendigkeit der Entnahme nicht mit verursacht hat und im Fall des Erwerbs auch nicht kannte,

- besseren Ausbeutung von Erdölvorkommen,

- Frostschutzberegnung,

- Nasslagerung von Stammholz in der Forstwirtschaft,

- Befüllung von Dockanlagen von Werften,

sowie

- erlaubnis- oder bewilligungsfreie Wasserentnahmen nach § 8 Abs. 2 und 3, § 46 Abs. 1 und 2 WHG sowie den §§ 32 und 86 NWG

- Entnahmen mit einer Gebührenhöhe unter 260 € (Freigrenze).

Gem. § 21 Abs. 6 NWG ist eine Befreiung von der Entgeltpflicht möglich, wenn die Wasserentnahme dem Natur- und Landschaftsschutz oder der Erhaltung eines Kulturdenkmals dient.

Gem. § 22 Abs. 2 und 3 NWG ermäßigt die Behörde unter bestimmten Voraussetzungen das Entgelt um 75 % oder 50 % (u. a. bei Einsatz aller zumutbaren Maßnahmen zur Wassereinsparung).

Zuständig für die Festsetzung und Erhebung der Gebühr für Wasserentnahmen sowie die damit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen (§§ 21 bis 26 NWG) sind gem. § 129 Abs. 1 NWG die unteren Wasserbehörden, es sei denn, dass gem. ZustVO § 1 Nr. 15 der Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz nach Nummer 1 Buchst. a oder g für Entscheidungen über das Entnehmen von Wasser zuständig ist.

In wie vielen Fällen eine Gebühr nicht erhoben wird, ist der Landesregierung nicht bekannt. Derzeit sind die zuständigen Behörden nicht dahingehend berichtspflichtig, in wie vielen Fällen eine Befreiung ausgesprochen oder eine Ermäßigung zugestanden worden ist.

Aufgrund von Geschäftsprüfungen bei unteren Wasserbehörden sowie aufgrund vorgetragener Problemfälle wird geschätzt, dass die Fallzahl von Ermäßigungen gem. § 22 Abs. 2 und 3 NWG landesweit unterhalb von 100 liegt.

Artikel-Informationen

erstellt am:
13.12.2013

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