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erstellt am:
24.01.2014
Die Abgeordneten hatten gefragt:
„Das Nationale Naturerbe wird um mindestens 30 000 ha erweitert und hierfür Flächen, die aus der militärischen Nutzung genommen werden, von der Privatisierung ausgenommen und an interessierte Länder, Umweltverbände oder -stiftungen übertragen werden“, heißt es auf Seite 119 des Koalitionsvertrages von CDU/CSU und SPD.
Damit eröffnet sich auch für Niedersachsen die Chance, derartige Flächen langfristig für den Naturschutz zu sichern. Entsprechende Bestrebungen gibt es etwa für den Truppenübungsplatz Pötzen in Hameln, der im Zuge des Abzuges der britischen Armee in absehbarer Zeit aus der militärischen Nutzung genommen wird. Diesen Bereich benennt die Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz (2011) u. a. als wichtigen Lebensraum für die Gelbbauchunke, eine stark gefährdete Amphibienart.
Wir fragen die Landesregierung:
1. In welcher Größenordnung sind in Niedersachsen in den vergangenen Jahren ehemals militärisch genutzte Flächen aufgegeben worden oder werden absehbar aufgegeben werden, die potenziell geeignet erscheinen, künftig Bestandteil des Nationalen Naturerbes zu werden?
2. Wie beurteilt die Landesregierung die Möglichkeiten, den Truppenübungsplatz Pötzen künftig als Nationales Naturerbe zu sichern?
3. Welche Gesamtfläche nehmen die in Niedersachsen als Nationales Naturerbe gesicherten Flächen bisher ein, und wie hoch ist damit der Anteil Niedersachsens an der bundesweiten Flächenkulisse?
Minister Wenzel beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:
Vorbemerkungen:
Das Nationale Naturerbe in Deutschland besteht aus ausgewählten, bisher bundeseigenen Flächen mit einer aktuell oder potenziell hohen Bedeutung für den Naturschutz, die an die Länder, die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) oder Naturschutzorganisationen zum Zweck einer dauerhaften Sicherung und Entwicklung für den Naturschutz übertragen worden sind oder noch übertragen werden sollen.
Grundlage ist die Vereinbarung der Koalitionsfraktionen der 16. Legislaturperiode des Bundestages aus dem Jahr 2005, wonach gesamtstaatlich repräsentative Naturschutzflächen des Bundes (inklusive Flächen des Grünen Bandes) in einer Größenordnung von 100.000 ha (= 1. Tranche) und später noch einmal von 25.000 ha (= 2. Tranche) übertragen werden sollen.
Eine Auswahl der Gebiete für das Nationale Naturerbe erfolgt durch den Bund nach festgelegten Kriterien und unter Einbindung von Ländern und Naturschutzorganisationen. Berücksichtigt werden hierbei insbesondere ehemals militärisch genutzte Gebiete, Flächen im „Grünen Band“, ehemalige Braunkohletagebauareale sowie von der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH verwaltete Flächen.
Niedersachsen beteiligt sich aktiv an der Vorbereitung und Umsetzung des Nationalen Naturerbes, mit dem ein wesentlicher Beitrag zur Erhaltung der Biologischen Vielfalt und zur Umsetzung von Natura 2000 in Niedersachsen geleistet wird.
Im Biosphärenreservat „Niedersächsische Elbtalaue“ wurden Flächen vom Bund in Landeseigentum übernommen, die wesentlich zur Entwicklung des Biosphärenreservats aus Naturschutzsicht beitragen. Die Übernahme von Flächen durch die DBU und andere Naturschutzstiftungen wird landesseitig begleitet und unterstützt.
Die Flächenübertragung der 1. Tranche ist – mit Ausnahme von Nachrückerflächen – weitgehend abgeschlossen; zurzeit erfolgt die Flächenübertragung im Rahmen der 2. Tranche.
Gemäß Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode vom 16.12.2013 wird das Nationale Naturerbe um mindestens 30.000 ha erweitert. Dabei werden Flächen, die aus der militärischen Nutzung genommen werden, von der Privatisierung ausgenommen und an interessierte Länder, Umweltverbände oder -stiftungen übertragen. Die Verwirklichung dieser so genannten „3. Tranche“ wird von der Landesregierung ausdrücklich begrüßt und schafft eine grundsätzliche Option, weitere für den Naturschutz bedeutsame, ehemals militärisch genutzte Flächen in Niedersachsen als Nationales Naturerbe auszuwählen und deren dauerhafte Sicherung durch Übertragung insbesondere an Naturschutzstiftungen zu erreichen.
Bereits im Vorgriff auf die mögliche Erweiterung des Nationalen Naturerbes hat die 80. Umweltministerkonferenz am 07.06.2013 in Oberhof eine Aufstellung der aus Sicht der Länder ökologisch besonders wertvollen Flächen in Bezug auf die aktuell von der Schließung betroffenen Bundeswehrstandorte zur Kenntnis genommen und sich für deren Schutz und Erhalt bzw. eine Übertragung im Sinne einer Weiterführung des erfolgreichen Projektes „Nationales Naturerbe" ausgesprochen.
Allerdings muss man sich vor der Übernahme einer solchen Fläche einen Eindruck über die jeweilige Kampfmittelbelastung bzw. Bodenkontamination verschaffen, um bereits im Vorfeld mögliche finanzielle Risiken für den neuen Eigentümer einschätzen und diese mit den naturschutzbezogenen Zielen jeweils abwägen zu können.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1:
Der Bundesminister der Verteidigung hat am 04.03.2013 über die künftige Nutzung der Standortanlagen in Deutschland entschieden. Demzufolge werden in Niedersachsen zukünftig die Standortübungsplätze bzw. Übungsgelände in Groß Ippener, Diepholz/ Rechtern und Vörden aufgegeben. Die Aufgabe des Standortübungsplatzes Schwanewede ist abhängig von Infrastrukturmaßnahmen.
Zu den Flächen, auf denen die ehemalige militärische Nutzung in den vergangenen Jahren aufgegeben worden ist, liegen der Landesregierung nur vereinzelt konkrete Kenntnisse, aber keine gesamthaften Flächenaufstellungen vor.
Inwieweit diese Flächen bzw. die o.g. Standortübungsplätze und Übungsgelände für eine künftige Aufnahme in das Nationale Naturerbe gemäß des o. g. Koalitionsvertrages potenziell geeignet sind, bedarf noch näherer Sondierung und Prüfung. Hierbei ist zuerst seitens der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben die tatsächliche Verfügbarkeit von relevanten Flächen zu ermitteln.
Zu 2:
Gemäß der in Frage 1 genannten Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung vom 04.03.2013 wird das Übungsgelände in Pötzen unter den weiter zu betreibenden Standortanlagen geführt. Wie auch in der LT-Drs. 17/390 (Antworten zu den Fragen 2 und 6) ausgeführt, fällt die Entscheidung, welche Standortanlagen zukünftig vorzuhalten sind, in den Zuständigkeitsbereich und die Organisationshoheit des Bundesministers der Verteidigung.
In der vorgenannten LT-Drs. wird zudem herausgestellt, dass das Übungsgelände „Pötzen“ eine für den Naturschutz besondere Bedeutung aufweist und dass, sofern zukünftig keine militärische Nutzung mehr vorgesehen sein sollte, in geeigneter Weise darauf hingewirkt werden soll, ein Nachnutzungskonzept zu entwickeln, das die Belange des Naturschutzes angemessen – zum Beispiel im Rahmen einer Aufnahme in das Nationale Naturerbe – berücksichtigt.
Seitens des Landkreises Hameln-Pyrmont ist mitgeteilt worden, dass nach der Aufgabe der Nutzung durch die Britischen Streitkräfte über eine zukünftige Nutzung des Übungsgeländes in Pötzen durch die Bundeswehr offenbar noch nicht abschließend entschieden worden ist.
Somit können die Möglichkeiten im Hinblick auf die Sicherung des Übungsgeländes in Pötzen als Nationales Naturerbe vor dem Hintergrund der noch ungeklärten Verfügbarkeit der Fläche noch nicht abschließend beurteilt werden. Durch den Landkreis Hameln-Pyrmont als untere Naturschutzbehörde werden jedoch bereits Maßnahmen zur Erhaltung der Bedeutung dieses Gebietes für den Artenschutz und insbesondere für das dortige Vorkommen der Gelbbauchunke ergriffen.
Zu 3:
In Niedersachsen zählen Flächen mit einer Gesamtgröße von 3.582 ha zum Nationalen Naturerbe (nach Übertragung erfolgte Änderungen in Bezug auf die Flächen im Biosphärenreservat „Niedersächsische Elbtalaue“ in Folge von Flurneuordnungsverfahren oder von Rückübertragungsansprüchen sind hierbei nicht berücksichtigt). Für diese Flächen ist eine Flächenübertragung bereits erfolgt oder wird zurzeit vorbereitet.
Der Anteil Niedersachsens an der bundesweiten Gesamt-Flächenkulisse von rund 125.000 ha beträgt damit ca. 2,9 %.
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erstellt am:
24.01.2014