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erstellt am:
24.01.2014
Die Abgeordneten hatten gefragt:
Eine Papierfabrik aus Varel hat Verfassungsbeschwerde eingelegt, weil der zuständige Netzbetreiber zur Stabilisierung des Stromnetzes auf das Kraftwerk des Betriebes zugreifen darf. Nach Auffassung des Vareler Betriebes werden durch diese Regelung Eigentumsrechte verletzt.
Presseberichten zufolge rechnet der Betrieb ständig mit dem Risiko, dass Strom gedrosselt oder in das öffentliche Netz eingespeist werden muss, was beides zu hohen finanziellen Einbußen führen würde, die nach dem Energiewirtschaftsgesetz nicht durch den Netzbetreiber ausgeglichen werden müssen.
Wir fragen die Landesregierung:
1. Wie viele Betriebe sind in Niedersachsen von dieser Regelung betroffen?
2. Wie häufig gab es in Niedersachsen Produktionsausfälle, weil Strom gedrosselt oder abgegeben werden musste?
3. Plant die Landesregierung eine Initiative, damit Produktionseinbußen und weitere ungeplante Kosten in Zukunft durch den Netzbetreiber ausglichen werden müssen?
Minister Wenzel beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:
Vorbemerkungen:
Strom aus dem Netz kann nur dann sinnvoll genutzt werden, wenn die Netzstabilität zu jedem Zeitpunkt gewährleistet ist. Nach § 13 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) sind die Übertragungsnetzbetreiber für die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Stromversorgungssystems verantwortlich und müssen dementsprechend bei Störungen, die die Netzstabilität gefährden, aktiv werden. Je nachdem, welche Art von Störung vorliegt, stehen ihnen hierfür verschiedene technische, netzbezogene und marktbezogene Maßnahmen zur Verfügung. Eine davon ist der so genannte Redispatch von Anlagen zur Erzeugung und Speicherung von Strom. Dieser kann beispielsweise genutzt werden, wenn aufgrund besonderer Rahmenbedingungen Netzengpässe drohen.
Bis 2011 erfolgte der Redispatch ausschließlich auf Basis freiwilliger Vereinbarungen zwischen den Übertragungsnetzbetreibern und den Betreibern von Anlagen zur Erzeugung und Speicherung von Strom. Im Rahmen der EnWG-Novelle 2011 wurde eine verpflichtende Beteiligung an Redispatch-Maßnahmen für alle Anlagen zur Erzeugung und Speicherung von Strom mit mehr als 50 MW Leistung eingeführt und diese Begrenzung ein Jahr später auf 10 MW herabgesetzt. Die Vorgaben nach § 8 Absatz 1 des Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) und nach § 4 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWKG) müssen dabei allerdings eingehalten werden.
Die konkrete Bestimmung des Adressatenkreises der verpflichtenden Beteiligung an Redispatch-Maßnahmen obliegt nach § 13 Abs. 1a Satz 3 EnWG der Bundesnetzagentur. Der Adressatenkreis wurde im Rahmen der Festlegung der Bundesnetzagentur (BK 6-11-098) konkretisiert. Danach können die Übertragungsnetzbetreiber grundsätzlich alle Anlagen zur Erzeugung und Speicherung von Strom mit mehr als 50 MW Leistung für den Redispatch heranziehen. Für KWK-Anlagen gilt dies jedoch nur dann, wenn diese eine disponible, das heißt keinen Einschränkungen durch die Wärmeproduktion unterworfene elektrische Leistung von mindestens 50 MW bereitstellen können. Derzeit sind somit Eingriffe in die Fahrweise von industriellen Kraftwerken ausgeschlossen, die Einschränkungen der Betriebsprozesse zur Folge hätten, weil vom Kraftwerk produzierte Wärme oder erzeugter Dampf für die Betriebsprozesse benötigt wird.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1:
Eine aktuelle Übersicht aller an das öffentliche Netz angeschlossenen Kraftwerke mit mehr als 10 MW Leistung und somit auch der industriellen Kraftwerke wird von der Bundesnetzagentur bereitgestellt und kann unter www.bnetza.de abgerufen werden. Ob die jeweiligen industriellen Kraftwerke von den Übertragungsnetzbetreibern zum Redispatch herangezogen werden können, hängt – wie oben ausgeführt – von der individuellen Auslegung und Betriebsweise ab. Dies sind unternehmensinterne Informationen, die nicht öffentlich verfügbar sind und der Landesregierung nicht vorliegen.
Zu 2:
Der Landesregierung liegen keine Informationen vor, dass es aufgrund von Redispatch-Maßnahmen zu Produktionsausfällen in Niedersachsen gekommen ist. Eine Übersicht aller Kraftwerke, die für Redispatch-Maßnahmen herangezogen wurden, wird von den Übertragungsnetzbetreibern seit April 2013 auf www.eeg-kwk.net veröffentlicht.
Zu 3:
Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen sieht die Landesregierung derzeit keinen Handlungsbedarf.
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erstellt am:
24.01.2014