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Antwort auf die mündliche Anfrage: Machen die Grünen Parteipolitik auf Kosten der Steuerzahler - Welche neuen Erkenntnisse hat der Glyphosatworkshop gebracht?

Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage des Abgeordneten Helmut Dammann-Tamke (CDU) geantwortet.

Vorbemerkung des Abgeordneten

Am 23. September 2015 haben das Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz und das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz einen Workshop mit dem Titel „Der Pflanzenwirkstoff Glyphosat - Gefahr für Mensch und Umwelt?“ durchgeführt. In der Einladung heißt es: „Die Veranstaltung soll uns einen Überblick über die Thematik und die Problemlage geben und Lösungsansätze aufzeigen.“ Dort steht ferner, dass die Landesregierung zuvor den Glyphosateinsatz auf Bundes-, Länder- und EU-Ebene problematisiert habe.

Bereits auf der Verbraucherschutzministerkonferenz am 8. Mai in Osnabrück hatte Niedersachsen den Bund aufgefordert, sich für eine Einschränkung der landwirtschaftlichen Glyphosatanwendung einzusetzen.

Die Arbeitsgruppe Glyphosat wirft der Landesregierung im Zusammenhang mit der Veranstaltung Meinungsmache vor. Sie sei personell und inhaltlich angelegt, ein Scherbengericht über den Wirkstoff abzuhalten. Man könne sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich hier in Wahrheit um eine parteipolitische Veranstaltung handele.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Glyphosat-Thematik wird seit Mitte 2013 im Nds. Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz (MU) intensiv bearbeitet. Auslöser waren zum Einen Anfragen besorgter Bürgerinnen und Bürger hinsichtlich möglicher Gesundheits- und Umweltgefahren durch Glyphosat, die zunehmende Diskussion über Glyphosat in den Medien und das damit verbundene gestiegene öffentliche Interesse an dieser Thematik, zum Anderen die für 2014 vorgesehene öffentliche Internetkonsultation der europäischen Lebensmittelagentur EFSA im Rahmen eines neuen Zulassungsverfahrens für Glyphosat.

Minister Wenzel hatte daher im Herbst 2013 eine „Expertengruppe Glyphosat“ aus Mitarbeiter/-innen der Landesverwaltung eingerichtet. Die Expertengruppe wurde vom MU geleitet; in ihr arbeiteten Expertinnen und Experten des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes Hildesheim, des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes (NLGA) sowie des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) mit.

Die Expertengruppe hat zwischen Dezember 2013 und März 2014, soweit es in diesem engen Zeitraum möglich war, die wesentliche Fachliteratur zur Glyphosat-Thematik gesichtet, versucht diese zu bewerten und im März 2014 einen Abschlussbericht vorgelegt.

Herr Minister Wenzel entschied sich angesichts der offenen Fragestellungen im Bericht der niedersächsischen Expertenkommission Anfang August 2014 aus Vorsorgegründen eine Empfehlung für eine Absenkung des sog. ADI-Wertes (Acceptable Daily Intake) für Glyphosat von derzeit 0,3mg/kg/d auf 0,1mg/kg/d im Rahmen der o.a. Internetkonsultation vorzuschlagen, wie es bereits eine toxikologische Stellungnahme im Abschlussbericht der Expertengruppe empfohlen hatte. Demgegenüber hatte das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) sich für eine Erhöhung des ADI-Wertes auf 0,5 mg/kg/d ausgesprochen.

Ende März 2015 wurde erstmals über eine Studie der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation WHO berichtet, nach der Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ (internationale Toxizitäts-Kategorie 2a) einzustufen ist; die Studie selbst wurde erst Ende Juli 2015 veröffentlicht. Diese Ergebnisse konnten dementsprechend noch nicht in den Abschlussbericht der niedersächsischen Expertengruppe einfließen.

In Umwelt – und Verbraucherschutzministerkonferenzen hat sich Niedersachsen zudem mit anderen Bundesländern dafür eingesetzt, dass aus Gründen der Vorsorge für Mensch und Umwelt der Umgang mit Glyphosat-haltigen Pflanzenschutzmitteln zumindest eingeschränkt wird.

Der in der Anfrage erwähnte Workshop des Niedersächsischen Umweltministeriums „Der Pflanzenwirkstoff Glyphosat – Gefahr für Mensch und Umwelt? “ am 23.09.2015 in Hannover fand im unmittelbaren zeitlichen Vorfeld einer möglichen Entscheidung der EU-Kommission über eine weitere Zulassung für den Wirkstoff Glyphosat statt. Die Entscheidung der EU-Kommission wurde inzwischen am 12.11.2015 wegen noch offener Fragen auf Juni 2016 verschoben.

Der o. g. Glyphosat-Workshop wurde mit rd. 150 Gästen sehr gut angenommen. Das dokumentiert, wie stark mögliche Gefahren durch Glyphosat die Öffentlichkeit bewegen.

Die Minister Wenzel und Meyer haben einführend die Positionen und Aktivitäten ihres Ressorts bzgl. Glyphosat dargestellt. Danach erläuterte Herr Dr. Hohgardt vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Stand und Ablauf des europäischen Zulassungsverfahrens für Glyphosat sowie die grundsätzliche Position des Bundes zu Glyphosat.

Zu zwei Verdachtsmomenten von Glyphosat

  • Chronischer Botulismus bei Rindern, möglicherweise verursacht durch Glyphosat und

  • Glyphosat „wahrscheinlich krebserregend“ – so die Einstufung der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO)

referierten die erimitierte Veterinärmedizinerin und Mikrobiologin Frau Prof. Krüger, ehemals Universität Leipzig sowie die Fachtoxikologin Frau Dipl. Biol. Salzmann vom Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim (Mitglied der o. a. niedersächsischen Expertengruppe zur Bewertung von Glyphosat). Die Position der Umwelt- und Verbraucherschutzverbände zu Glyphosat stellte die Agro-Gentechnikexpertin Frau Moldenhauer vom BUND vor.

Die Veranstaltung wurde abgeschlossen durch eine Podiumsdiskussion mit den agrarpolitischen Sprechern aller im Niedersächsischen Landtag vertretenen Fraktionen.

1. Welchen Kosten sind im Zusammenhang mit der Veranstaltung angefallen?

Die Gesamtkosten der Veranstaltung belaufen sich auf 2.436,50 € für Raummiete, Technik, Reise- und Übernachtungskosten sowie das Catering. Für Veranstaltungen ähnlicher Größenordnung ist dies ein verhältnismäßig geringer Beitrag, der auch der Tatsache geschuldet ist, dass die Referenten/-innen auf ein gesondertes Honorar verzichtet haben.

2. Wie rechtfertigt die Landesregierung diese Kosten vor dem Hintergrund, dass ausweislich des VSMK-Protokolls die Positionierung der Landesregierung zu Glyphosat bereits vorher feststand?

Die VSMK hat am 08.05.2015 mit 15: 0 : 1 (SN) angesichts der o.a. IARC-Studie aus Vorsorgegründen die Bundesregierung gebeten

  • die Abgabe von Glyphosat-haltigen Pflanzenschutzmitteln an und die Anwendung durch Privatpersonen zu verbieten,

  • für bestimmte verbrauchernahe Anwendungen, insbesondere für Freiflächen, die nichtland- oder forstwirtschaftlich genutzt werden, zeitnah ein vorläufiges Verbot der Anwendung von Glyphosat auszusprechen, bis eine abschließende Neubewertung auf EU-Ebene erfolgt ist

  • und verbindlich festzulegen, unter welchen Voraussetzungen die „gute landwirtschaftliche Praxis“ die Anwendung von Glyphosat erlaubt.

Auf dem o. g. Glyphosat-Workshop wurde neben dem Krebsversdacht seitens des IARC auch der Verdacht auf chronischen Botulismus bei Rindern kontrovers diskutiert. Diese und weitere offene Fragen will die EU-Kommission auch unter Hinzuziehung der Europäischen Chemikalienagentur ECHA eindeutig klären lassen, bevor sie Mitte 2016 über eine mögliche weitere Zulassung von Glyphosat entscheidet. Insofern hat auch der o. g. Workshop einen fachlichen Beitrag im Vorfeld der EU-Entscheidung geleistet.

3. Wie begegnet die Landesregierung dem Vorwurf, die Veranstaltung sei einseitig angelegt gewesen, um die parteipolitischen Interessen des Umweltministers und des Landwirtschaftsministers zu unterstützen?

Die von dem Abgeordneten zitierte “Arbeitsgruppe Glyphosat“ (AGG) ist ein Zusammenschluss verschiedener Unternehmen aus dem Agrarbereich, darunter auch die Fa. Monsanto Agrar Deutschland GmbH. Das Glyphosat-haltige Herbizid Roundup ist lt. Aussage der Fa. Monsanto das „meist verkaufte Pflanzenschutzmittel weltweit.“

Die Vorwürfe der Arbeitsgruppe Glyphosat sind nicht nachvollziehbar. Die Vorträge sollten im Hinblick auf den vorsorgenden Verbraucherschutz dazu dienen, die offenen Fragen bei der Bewertung des Wirkstoffs Glyphosat darzulegen, die Position der Zulassungsbehörde zu erfahren und Verfahren im Zulassungsprozess transparent dargestellt zu bekommen. In einer offenen Diskussion nach den Vorträgen wurde Mitgliedern aller im Landtag vertretenen Parteien, darunter auch dem Autor dieser Mündlichen Anfrage, Herrn MdL Dammann-Tamke und den Zuhörern im Auditorium Gelegenheit gegeben, ihre Position darzustellen und Fragen zu stellen

Artikel-Informationen

erstellt am:
17.12.2015

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